Atomstreit Iran ElBaradei fordert Entgegenkommen des Westens

Kurz vor der Entscheidung des Uno-Sicherheitsrats über weitere Sanktionen gegen Iran hat der Chef der Atomenergiebehörde, ElBaradei, ein größeres Entgegenkommen des Westens gefordert. Außenminister Steinmeier rechnet mit "klaren Signalen" für ein iranisches Einlenken.

Wien - "Das Iran-Problem kann nicht durch Sanktionen allein gelöst werden", sagte Mohamed ElBaradei bei einer Konferenz in London. "Man muss dem Land entgegenkommen und es auf diese Weise zu einer Beteiligung bewegen. Diesen Prozess muss man in Schwung halten." Die Atomenergiebehörde der Uno (IAEA) legt am Mittwoch einen Bericht zur iranischen Urananreicherung vor, deren Stopp der Uno-Sicherheitsrat fordert.

Am Mittwoch entscheidet das mächtigste Gremium der Staatengemeinschaft darüber, ob seine Ende Dezember verhängten Sanktionen fortgesetzt oder erweitert werden, um Iran zum Einlenken zu bewegen.

Iran steht im Verdacht, die Urananreicherung für den Bau von Atomwaffen auszubauen. Die Regierung in Teheran bestreitet dies.

ElBaradei aber sagte der "Financial Times (Dienstagausgabe)", der Iran könnte innerhalb der nächsten sechs Monate zu einer massenhaften Anreicherung von Uran in der Lage sein. "Es können sechs Monate sein, es kann ein Jahr sein", sagte der IAEA-Chef. Dennoch sei möglich, dass das Land noch zehn Jahre davon entfernt sei, eine Atombombe zu bauen. "Es ist ein großer Unterschied zwischen dem Erlangen der Fähigkeit zur Anreicherung und der Entwicklung einer Bombe", sagte ElBaradei.

Mit den Sanktionen, führte der IAEA-Chef weiter aus, "werden wir wahrscheinlich noch weitergehen". Zugleich mahnte er aber, die Atomfrage sei nur die Spitze des Eisbergs. "Der Iran fühlt sich unsicher. Er hat eine Nachbarschaft, die nicht gerade die freundlichste ist", sagte er unter Hinweis auf Pakistan und Russland, die beide Atomwaffen besitzen. Deswegen müsse der Westen sich den Sicherheitsfragen des Landes zuwenden.

Iranischen Angaben zufolge wird ElBaradei am morgigen Dienstag in Wien den iranischen Chefunterhändler Ali Laridschani treffen.

Das Gespräch komme auf iranischen Wunsch zu Stande, hieß es in Teheran. Iran hat sich zuletzt unbeugsam gezeigt, bemüht sich aber um Gespräche in letzter Minute, um IAEA-Berichte abzumildern.

Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) schlägt gegenüber Iran moderatere Töne an. Steinmeier rechnet eigenen Angaben zufolge bald mit klaren Signalen für ein iranisches Einlenken.

Steinmeier wies in einem Interview Forderungen nach einer schnellen Verschärfung des Sanktionskurses zurück. Dafür enthalte die bisherige Resolution des Uno-Sicherheitsrats keinen Automatismus, sagte er dem "Handelsblatt". Deutschland hat jahrelang gemeinsam mit Frankreich und Großbritannien in dem Konflikt vermittelt. Seit knapp einem Jahr liegt die Federführung beim Sicherheitsrat.

Der Bau des umstrittenen Atomkraftwerks Buschehr in Iran wird sich unterdessen nach russischen Angaben wegen Zahlungsrückständen der Regierung in Teheran verzögern. Iran habe seit mehr als einem Monat kein Geld für das Projekt mehr überwiesen, hieß es aus Kreisen der russischen Atomagentur Rosatom. Deshalb sei es "offensichtlich, dass der Zeitplan für den Bau der Anlagen korrigiert werden muss".

Russland ist seit Anfang der 1990er Jahre am Bau des ersten iranischen Atomreaktors beteiligt, der schon vor der Islamischen Revolution 1979 begonnen worden war. Nach bisheriger Planung sollten im März die ersten Brennelemente geliefert werden. Im September sollte der Reaktor seinen Betrieb aufnehmen. Wie lang das Projekt sich nun verzögern könnte, war zunächst unklar.

Mehr lesen über

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren