Atomstreit mit Iran Israel soll bunkerbrechende Bomben angefordert haben

Rüstet sich Israel für einen Angriff auf iranische Atomanlagen? Einem Bericht zufolge hat die Regierung von Benjamin Netanjahu die USA um die Lieferung von bunkerbrechenden Bomben gebeten. Die Weltgemeinschaft fordert von Teheran Zugang zu einem verdächtigen Militärkomplex.
Netanjahu, Obama (im Weißen Haus): Schwere Bomben und ein Versprechen?

Netanjahu, Obama (im Weißen Haus): Schwere Bomben und ein Versprechen?

Foto: A2800 epa/Martin H. Simon/Pool/ dpa

Jerusalem - Israel hat die USA um die Lieferung von militärischem Material gebeten, das für einen Militärschlag gegen Iran notwendig ist. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete am Donnerstag, israelische Regierungskreise hätten bestätigt, dass im Umfeld der Gespräche von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei US-Präsident Barack Obama am Montag die Anfrage für schwere bunkerbrechende Bomben und Tankflugzeuge an die US-Regierung gestellt worden sei. Beides benötigt Israel, um einen erfolgversprechenden Angriff auf die iranischen Atomanlagen unternehmen zu können.

Iran steht im Verdacht, unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms nach Nuklearwaffen zu streben. Aus Furcht vor einem Angriff auf seine Atomanlagen hat das Regime in Teheran die Verlegung wichtiger Teile der Urananreicherung in entlegene unterirdische Anlagen angekündigt. Um diese Ziele erreichen und sicher zurückkehren zu können, müssten Kampfflugzeuge aus Israel in der Luft aufgetankt werden. Zudem verfügt Israel nur über schwächere bunkerbrechende Bomben.

In den israelischen Regierungskreisen wurde den Reuters-Angaben zufolge aber ein Bericht der Zeitung "Maariv" als "unrealistisch" bezeichnet, nachdem Obama die Lieferung des Militärmaterials an die Bedingung geknüpft habe, dass Israel in diesem Jahr keinen Angriff mehr unternehme. Obama stellt sich im November zur Wiederwahl und plädiert für eine weitere diplomatische Frist zur Lösung des Atomstreits.

Noch kein Beschluss zum Angriff gefasst

Netanjahu habe Obama bei der Begegnung im Weißen Haus nach Angaben aus seiner Umgebung erklärt, dass Israel noch keine Entscheidung über einen Militärschlag getroffen habe. Der jüdische Staat sieht sich durch einen atomar bewaffneten Iran in seiner Existenz bedroht; dies umso mehr, als führende iranische Repräsentanten wiederholt mit der Vernichtung Israels gedroht haben und dessen militante Gegner unterstützen. Die Führung in Teheran bestreitet, nach Atomwaffen zu streben.

Der oberste politische und religiöse Führer des Irans hat die Position von US-Präsident Obama gelobt, im Atomstreit auf eine diplomatische Lösung zu setzen. Die amtliche Nachrichtenagentur Irna zitierte Ajatollah Ali Chamenei am Donnerstag mit den Worten: "Wir haben vor zwei Tagen gehört, dass der US-Präsident sagte, sie würden nicht über einen Krieg mit Iran nachdenken." Das sei eine kluge und richtige Aussage.

Zugleich kritisierte Chamenei aber Obamas Festhalten an Strafmaßnahmen. "Er sagte, dass er das iranische Volk mit Sanktionen in die Knie zwingen will. Dieser Teil seiner Äußerungen zeigt, dass er an Illusionen festhält", so Chamenei über Obama. Der US-Präsident hatte in einem Gespräch mit Netanjahu davon gesprochen, dass es im Atomstreit immer noch Raum für Diplomatie gebe.

Mehrheit in Israel gegen Alleingang bei Militärschlag

Die israelische Zeitung "Haaretz" veröffentlichte am Donnerstag eine Umfrage, nach der sich eine deutliche Mehrheit der israelischen Bevölkerung gegen einen Militärschlag ihres Landes ausgesprochen habe - zumindest, wenn Israel im Alleingang handeln würde. 58 Prozent der Befragten seien gegen einen solchen Schritt, sollten die USA nicht ebenso angreifen, schrieb die Zeitung. Insgesamt kann Netanjahu der Umfrage zufolge jedoch auf eine starke Unterstützung innerhalb der israelischen Bevölkerung zählen. 50 Prozent der Befragten vertrauten Netanjahu sowie Verteidigungsminister Ehud Barak im Umgang mit dem Iran-Problem demnach.

Die fünf Uno-Vetomächte und Deutschland drängen Iran mit einer gemeinsamen Erklärung, den Inspektoren der Internationalen Atomaufsicht IAEA Zugang zur Militäranlage Parchin zu gewähren. Iran hatte Experten wiederholt den Zugang zu dem verdächtigen Komplex verweigert, in der möglicherweise Tests mit Atomsprengköpfen simuliert wurden. Die IAEA hat Informationen, wonach in Parchin derzeit Sanierungsarbeiten durchgeführt werden, und ist in Sorge, dass dabei Spuren von verdächtigen Forschungsprojekten beseitigt werden könnten.

Die USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland bekräftigten nach Angaben des Auswärtigen Amts in Berlin im Gouverneursrat der IAEA ihre Sorge über das voranschreitende iranische Nuklearprogramm. Iran müsse seinen "Kurs der Verschleierung und Nicht-Kooperation" endlich beenden und "alle berechtigten Zweifel über den Zweck seines Atomprogramms" ausräumen, erklärte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP). Die anvisierte Wiederaufnahme der Atomgespräche sei eine Chance. "Es liegt in den Händen Irans, sie zu nutzen und zur Kooperation zurückzukehren."

phw/Reuters/dpa
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