Atomwaffen Rice warnt Nordkorea
Pjöngjang - Condoleezza Rice mahnte, ein Rückzug aus der Gesprächsrunde verstärke nur die Isolation Nordkoreas. "Allen ist sehr klar, dass es keine Atomwaffen auf der koreanischen Halbinsel geben darf", sagte Rice während ihres Besuches in Luxemburg. "Es gibt keine Absicht der USA, Nordkorea zu besetzen oder anzugreifen", sagte sie weiter.
Allerdings gebe es für Nordkorea keine Sicherheitsgarantie, wenn es nicht sein Nuklearprogramm aufgebe. Die USA und das verbündete Südkorea hätten ausreichende Mittel zur Abschreckung, um mit jeder potenziellen Bedrohung aus Nordkorea umgehen zu können. Sie äußerte aber ihre Hoffnung, dass in Kürze die Gespräche unter Beteiligung von sechs Ländern wieder aufgenommen werden könnten.
Neben Nordkorea und den USA haben an den bisherigen drei Gesprächsrunden seit 2003 Japan, China, Südkorea und Russland teilgenommen. Der japanische Ministerpräsident Junichiro Koizumi forderte Nordkorea ebenfalls auf, die Gespräche fortzusetzen. "Ich möchte fortfahren, Nordkorea davon zu überzeugen, dass es in ihrem Interesse ist, auf Nuklearwaffen zu verzichten", sagte Koizumi.
Nordkorea hatte zuvor den Besitz von Atomwaffen eingeräumt und zugleich seinen Rückzug aus den Gesprächen angekündigt. Das Land habe Atomwaffen zur Selbstverteidigung hergestellt, hatte die staatliche Nachrichtenagentur KCNA berichtet. Den USA warf Pjöngjang "eine unverhohlene Politik zur Isolierung und Erstickung" Nordkoreas vor.
Die derzeit ohnedies suspendierten Verhandlungen zielten darauf ab, Nordkorea zur Einstellung seines Atomwaffenprogramms zu bewegen. In der Erklärung wurde eine Teilnahme an den Gesprächen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Nordkorea werde jedoch erst wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren, wenn positive Ergebnisse zu erwarten seien.
Den USA warf das Regime in Nordkorea vor, durch eine "feindselige Politik" eine ernste Situation herbeigeführt zu haben. In Anspielung an eine Rede Rices hieß es, die Regierung von US-Präsident George W. Bush habe Nordkorea als "Vorposten der Tyrannei" bezeichnet.
Bedauern in Seoul, Paris und London
Südkorea hat die Erklärung Nordkoreas über den Besitz eigener Atomwaffen inzwischen bedauert. Nordkoreas Äußerungen, seine nuklearen Fähigkeiten verstärken zu wollen, seien für eine Beilegung des Streits um sein Atomprogramm nicht hilfreich, teilte ein Sprecher des Außenministeriums in Seoul mit. Er wiederholte den Standpunkt seiner Regierung, keine Atomwaffen in Nordkorea tolerieren zu wollen. Zugleich rief der Sprecher Pjöngjang dazu auf, die Sechs-Länder-Gespräche über sein Atomprogramm wieder aufzunehmen. Es sei an der Zeit für Nordkorea, an den Verhandlungstisch "ohne Bedingungen" zurückzukehren.
Auch die französische Regierung richtete einen entsprechenden Appell an Nordkorea. Mit Bedauern habe Paris die Ankündigung Pjöngjangs zur Kenntnis genommen, an den Gesprächen über eine Beendigung seines Atomprogramms auf unbestimmte Zeit nicht mehr teilzunehmen, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Hervé Ladsous, in Paris. Auch Großbritannies Außenministerium bedauerte die Absage der Gespräche durch Pjöngjang.
Widersprüchliche Angaben Pjöngjangs
Nordkorea hat in den letzten Jahren wiederholt in mehr oder weniger deutlicher Form behauptet, im Besitz von Atomwaffen zu sein. Die Existenz eines entsprechenden geheimen Programmes räumte Pjöngjang bereits im Oktober 2002 gegenüber der US-Regierung ein. Damit verstieß das Land gegen eine Rahmenvereinbarung von 1994 und andere Abkommen.
Nur einen Monat später sorgte ein Kommentar von Radio Pjöngjang für Verwirrung, in dem Nordkorea erstmals den Besitz von Atomwaffen zugegeben haben soll. Am nächsten Tag stellte das Land klar, dass es keine Atomwaffen besitze, sondern lediglich zum Besitz derartiger Waffen berechtigt sei.
Im April 2003 gab Nordkorea bei Dreiergesprächen mit den USA und China zu, Atomwaffen zu besitzen. Im Juni erklärte Nordkorea öffentlich, Kernwaffen zu entwickeln. Eine nukleare Abschreckungsmacht müsse aufgebaut werden, falls die USA weiter an ihrer feindlichen Politik gegenüber Pjöngjang festhielten und das kommunistische Land mit Nuklearwaffen bedrohten.
Im August 2003 drohte Nordkorea gar mit Atomtests und wiederholte diese Ankündigung seitdem mehrfach. Nordkorea hat auch nach Angaben seines stellvertretenden Außenministers Choe Su Hon vom September 2004 waffentaugliches Plutonium zum Bau von Atomwaffen verwendet. "Wir haben schon deutlich gemacht, dass wir bereits 8000 gebrauchte Atombrennstäbe aufgearbeitet und diese in Waffen umgewandelt haben", wurde er damals zitiert.
Im Oktober 2004 hatte der damalige US-Außenminister Colin Powell erklärt, Nordkorea besitze nach Geheimdienstinformationen wahrscheinlich ein oder zwei Atomwaffen.
In den vergangenen Monaten hatte es dennoch Zeichen für eine Entspannung gegeben; erst im Januar hatte Nordkorea sich nach einem Besuch von Abgeordneten des US-Kongresses zur Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche bereit erklärt.