Attentat auf israelische Sportler Bestürzung über Thesen zum Olympia-Anschlag 1972
Hamburg - Arnd Krüger, Direktor des sportwissenschaftlichen Institutes der Universität Göttingen, hatte bei einer Tagung deutscher Historiker am vorvergangenen Freitag die These aufgestellt, dass die bei den Olympischen Spielen 1972 von Palästinensern ermordeten israelischen Sportler von dem Anschlag gewusst hätten und damit freiwillig in den Tod gegangen wären, um Israel zu nützen.
Krüger verband seine unbelegten Märtyrerthesen mit einem Hinweis auf das "unterschiedliche Körperverständnis" in Israel und anderen Industrienationen: Israel versuche etwa "Leben mit Behinderungen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern". Zudem sei die Abtreibungsrate in Israel höher als in anderen westlichen Ländern.
Ilan Mor, stellvertretender Botschafter Israels in Berlin, fordert ein scharfes Vorgehen der deutschen Politik und der Universität Göttingen gegen den Sportwissenschaftler. "Das ist eine der schlimmsten Formen der Dehumanisierung des Staates Israel", sagt Mor, "und eine Form des neu aufflackernden Antisemitismus in Deutschland, verpackt als Israelkritik".
Teilnehmer der Tagung waren über so viel "dummes Zeug" und "antijüdische Stereotype" entsetzt, dass sie vom Präsidenten der Uni Göttingen Konsequenzen für Krüger forderten.
Die Uni will aber abwarten, wie die Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft (DVS) reagiert. Deren Präsident Bernd Strauß hält Krügers Vortrag für einen "sehr ernsthaften Vorgang". Der DVS-Vorstand wird sich in der kommenden Woche mit dem Fall befassen.
Krüger bestätigte seine Thesen in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der Universität. In dem Schreiben besteht er zudem darauf, kein Antisemit zu sein.
Am 4. September 1972 hatte ein palästinensisches Guerilla-Kommando das Männerhaus der israelischen Sportler im Olympischen Dorf überfallen. Die Verhandlungen über die Freilassung in Israel gefangener Palästinenser scheiterten. Die Geiselnahme endete als Massaker auf dem Flugplatz in Fürstenfeldbruck.
Zwei israelische Trainer und neun Sportler, ein deutscher Polizist und fünf arabische Terroristen wurden beim Versuch der Polizei, die israelischen Geiseln gewaltsam zu befreien, getötet. Die Sicherheitsvorkehrungen und das Krisenmanagement wurden später als "ausgesprochener Dilettantismus" bezeichnet.