JFK-Mordakten Kennedy-Rätsel bleibt vorerst ungelöst

John F. Kennedy (1963)
Foto: John. F. Kennedy Presidential Library/REUTERSAm Ende hat er doch gekniffen: Eigentlich hatte US-Präsident Donald Trump versprochen, alle restlichen Geheimakten zum Attentat auf John F. Kennedy jetzt freizugeben - und gab den großen Enthüller. "So interessant!", twitterte er, als kündige er das Finale einer spannenden TV-Krimiserie an.
Doch CIA und FBI, die die meisten Dokumente verfasst haben, belehrten den Präsidenten im letzten Moment offenbar eines Besseren: Die Publikation all dieser mehr als 30.000 Papiere, warnten sie, gefährde die nationale Sicherheit - das öffentliche Interesse an "sofortiger Offenlegung" müsse weiter hintanstehen.
Also sahen sie sich enttäuscht, die vielen Historiker, Laienforscher und Verschwörungsfanatiker, die die letzten Rätsel um den JFK-Mord von 1963 lösen wollten: Am Donnerstagabend stellte das US-Nationalarchiv auf Anordnung Trumps nur einen Bruchteil von 2891 Seiten auf seine Website .
National Archives Releases #JFK Assassination Records Online: https://t.co/8nR7gE3p8j, release: https://t.co/GpGoBGWW07
— US National Archives (@USNatArchives) October 26, 2017
Welche Akten noch zurückgehalten wurden und warum, ist unklar. Weitere werde man ("nur in seltensten Ausnahmen geschwärzt") spätestens am 18. April 2018 freigeben, erklärte das Weiße Haus - was die, die der offiziellen Version des Tathergangs nicht trauen, bis dahin nur neu befeuern dürfte.
Die CIA versprach zwar, alle restlichen Papiere "irgendwann freizugeben". Doch man spürt, mit welchem Zähneknirschen Trump den Geheimdiensten hier gehorchte - er misstraut ihnen ja von jeher. Amerika müsse über das Attentat "endlich voll informiert werden", schreibt er in einem Memo nur Stunden vor Ablauf der Veröffentlichungsfrist. Doch: "Ich habe - heute - keine andere Wahl, als diese Einschränkung zu akzeptieren, um potenziell unwiderruflichen Schaden für die Sicherheit unserer Nation zu vermeiden." Trump sei "verärgert" gewesen, fügte ein Präsidentenberater hinzu.
Wie Trump von der Zurückhaltung der Akten profitiert
Das Hin und Her nutzt ihm trotzdem. Trump kann sich weiter zum Verfechter staatlicher Transparenz stilisieren - ein Mythos, dem die sonstige Geheimniskrämerei der US-Regierung krass widerspricht. Zugleich facht er nun ganz neue Verschwörungstheorien an: Was steht bloß in den übrigen Papieren, dass sie zu brisant sind, um publik werden zu können?
Der rechte Publizist Roger Stone, ein enger Trump-Vertrauter und einer der profiliertesten JFK-Verschwörungsfanatiker, hatte den Präsidenten zur Publikation gedrängt. Jetzt schäumt Stone - er sprach in der "Washington Post" von "Zensur" und sagte bereits einen juristischen Streit voraus.
Im US-Nationalarchiv lagern rund fünf Millionen Aktenseiten über das Kennedy-Attentat. 1992 ordnete der Kongress an, die Papiere schrittweise zugänglich zu machen. 88 Prozent des Materials ist seitdem veröffentlicht worden, die restlichen Akten sollten spätestens am Donnerstag folgen.
Was steht in den zurückgehaltenen Akten?
Wie aus dem Weißen Haus verlautete, bestand Trump auf einer kompletten Publikation, um "den Schleier zu lüften". Doch CIA-Chef Mike Pompeo und das FBI - das als Bundespolizei für die Kennedy-Ermittlungen zuständig war - hätten ihn in einer streckenweise chaotischen Debatte überredet.
Bei den zurückgehaltenen Akten gehe es weniger um das tatsächliche Attentat von 1963, hieß es weiter. Sondern auch um damit nicht direkt in Zusammenhang stehende CIA-Aktionen - sowie um damalige Beteiligte, deren Nachfahren man durch eine Namensnennung nicht gefährden wolle. Auch würden in den Dokumenten "ausländische Elemente" zitiert, die man nicht preisgeben könne.
Einige der Dokumente wurden offenbar erst in den Neunzigerjahren erstellt, Informanten könnten noch am Leben oder sogar noch aktiv sein. Ein CIA-Sprecher bestätigte, die bisherigen Schwärzungen der Akten sollten unter anderem "die Namen von CIA-Informanten und aktiven und ehemaligen CIA-Beamten" schützen.
Was steht in den veröffentlichten Akten?
Eines der jetzt veröffentlichten Papiere befasst sich mit Versuchen der CIA, "ausländische Staatschefs zu ermorden". Ein CIA-Beamter bestätigte darin am 30. Mai 1975, dass man Kubas Machthaber Fidel Castro umbringen wollte - was aber ohnehin bekannt war. Einer dieser Attentatspläne habe vorgesehen, ihm 1961 in einem Getränk aufgelöste Giftpillen zu verabreichen. Das sei jedoch gescheitert, nachdem Castro sein Stammrestaurant gewechselt habe.
Der Trump-Berater beharrte darauf, dass hinter der Geheimhaltung keine Vertuschungsaktion stecke, wie es viele JFK-Verschwörungstheoretiker seit nun fast 54 Jahren vermuten. Als die "wahren" Hintermänner werden in einschlägigen Debatten unter anderem Kennedys Nachfolger Lyndon B. Johnson genannt, aber auch die Mafia, Kuba oder Russland. Manche erhofften sich aus den Akten auch Aufschluss über eine Reise des JFK-Attentäters Lee Harvey Oswalds nach Mexiko, wo er sich mit kubanischen und sowjetischen Agenten traf und über seine Pläne sprach.
Eine weitere wilde These, die auch Trump selbst voriges Jahr im Vorwahlkampf gegen seinen Parteirivalen Ted Cruz instrumentalisiert hatte, besagt, Cruz' Vater sei mit Oswald befreundet gewesen. Auf die Frage, ob dazu etwas in den Akten stehe, sagte ein Trump-Berater: "Kein Kommentar."