Aufruhr in Arabien Militär schwört Jemens Präsident Salih die Treue

Das Volk will ihn loswerden, aber Jemens umstrittener Präsident Salih hat offiziell weiterhin Rückhalt vom Militär: Die Streitkräfte würden Salih gegen jeden "Putsch gegen die Demokratie" verteidigen, erklärte das Verteidigungsministerium - Dutzende Generäle sind aber bereits zurückgetreten.
Demonstration in Sanaa: Auch hochrangige Militärs stehen auf Seite der Regierungsgegner

Demonstration in Sanaa: Auch hochrangige Militärs stehen auf Seite der Regierungsgegner

Foto: DPA

Sanaa - Ali Abdullah Salih gibt sich betont gelassen: "Die große Mehrheit des jemenitischen Volks unterstützt die Sicherheit, die Stabilität und die Verfassungsvorgaben", sagte Jemens Präsident laut der amtlichen Nachrichtenagentur Saba am Montag vor ausgewählten Zuhörern in der Hauptstadt Sanaa. "Diejenigen, die zum Chaos, zur Gewalt, zum Hass und zur Sabotage aufrufen, sind nur eine winzige Minderheit", fügte er hinzu.

Alles nicht so schlimm - das ist offenbar die Devise des seit 32 Jahren regierenden Präsidenten. Trotz der Proteste von Regimegegnern. Trotz der Rücktritte Dutzender Generäle, die erklärt hatten, sie wollten die seit einem Monat andauernde Sitzblockade von Demonstranten auf dem Platz vor der Universität von Sanaa unterstützen.

Der Staatschef bemüht sich um Schadensbegrenzung. Nachdem am Freitag 52 Demonstranten erschossen worden und drei Minister zurückgetreten waren, hatte Salih am Sonntag seine Regierung entlassen. Scharfschützen hatten das Feuer auf die Regimegegner eröffnet. Offenbar wollte der Präsident mit dem Rauswurf einem geplanten Massenabgang von Kabinettsmitgliedern zuvorkommen, die gegen sein hartes Vorgehen protestieren wollten.

Offiziell steht das Militär weiter hinter Salih. Die Streitkräfte würden Salih gegen jeden "Putsch gegen die Demokratie" verteidigen, hieß es am Montag in einer Erklärung des Verteidigungsministers. Die Streitkräfte stünden zu dem Eid, den die Soldaten auf "Gott, die Nation und die politische Führung" geleistet hätten.

Einheiten einer Panzerdivision hatten am Montagvormittag auf einem zentralen Platz in Jemens Hauptstadt Sanaa Stellung bezogen. Weitere Panzer fuhren vor dem Verteidigungsministerium und der Zentralbank vor. Unklar war zunächst, ob sie einem Befehl der loyalen Kommandeure oder der abtrünnig gewordenen Offiziere folgten. Panzer der Republikanischen Garden, einer Eliteeinheit, die von Salihs Sohn Ahmed kommandiert wird, sind außerhalb des Präsidentenpalasts in einem südlichen Vorort von Sanaa aufgefahren.

Zuvor hatte mit Ali Muhsin al-Ahmar, ein ranghoher Offizier und enger Berater Salihs, per Videoansprache seinen Wechsel zur Opposition bekanntgegeben. Muhsin Al-Ahmar ist Kommandeur der Ersten Panzerdivision des Heeres. "Wir erklären unsere friedliche Unterstützung für die friedliche Revolution der Jugend und ihre Forderungen, und wir erfüllen unsere Pflicht, Sicherheit und Stabilität in der Hauptstadt zu gewährleisten", hatte er im TV-Sender al-Dschasira gesagt.

Dem arabischen Nachrichtensender al-Dschasira zufolge haben sich zwei weitere Generäle von Salih losgesagt. Andere führende Politiker und Militärs erklärten ihren Rücktritt. Auch die Botschafter in Syrien und Saudi-Arabien gaben ihr Amt auf.

Angespornt durch die Revolutionen in Tunesien und Ägypten protestieren verschiedene Gruppen von Regimegegnern im Jemen beharrlich gegen Salihs jahrzehntelange Quasi-Diktatur. Salih ist ein Verbündeter der USA im Kampf gegen den Terrorismus. Das bitterarme Land im Süden der Arabischen Halbinsel gilt seit Jahren als "failing state", der vom Zerfall bedroht ist. Im Süden des Landes begehren Separatisten gegen die Zentralregierung auf, im Norden herrscht ein faktischer Bürgerkrieg des Regimes gegen schiitische Stämme, im ganzen Land operiert zudem das Terrornetzwerk al-Qaida.

hen/dpa/Reuters
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