Aufstand gegen Gaddafi Libyens Regime drohen massive Sanktionen

Proteste in Libyen: Regime will mit Demonstranten verhandeln
Foto: Nasser Nouri/ APNew York/Tripolis/Kairo - Die EU und die USA haben vorgelegt - jetzt will auch die Uno Strafen gegen Libyens Führung verhängen. Die Präsidentin des Sicherheitsrats, Maria Luiza Ribeiro Viotti, rechnet noch am Samstag mit einer Einigung des 15-Länder-Gremiums auf Sanktionen gegen das Regime von .
Das Gremium sei "übereingekommen, sich in Eile um eine Resolution zu bemühen, die Maßnahmen gegen einen bestimmten Zielkreis beinhaltet", erklärte Ribeiro Viotti im Namen der 15 Ratsmitglieder am Freitagabend in New York. Die Resolution solle der ein Ende bereiten und "die gegenwärtige Krise friedlich lösen". Außerdem solle sie dafür sorgen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden und "der Wille des libyschen Volkes respektiert wird".
Nach ersten Beratungen über einen Resolutionsentwurf, an dem auch Deutschland mitgearbeitet hatte, wollte der Sicherheitsrat am Samstag um 17 Uhr deutscher Zeit wieder zusammenkommen. In einer Krisensitzung am Freitagabend hatte -Generalsekretär Ban Ki Moon bereits Druck gemacht. "Es ist an der Zeit, dass der Sicherheitsrat konkrete Maßnahmen erwägt", mahnte Ban. Unter den dramatischen Umständen "bedeutet vergeudete Zeit höhere Verluste an Menschenleben".
In einem emotionalen Appell bat auch der libysche Uno-Botschafter Abdulraman Shalgham um Sanktionen, "damit das Blutvergießen in unserem Land aufhört". Shalgham, der bis vor kurzem als einer der engsten Vertrauten von Gaddafi gegolten hatte, war bei seiner Rede vor dem höchsten Uno-Gremium den Tränen nahe. Er spreche nicht mehr für Gaddafi, sondern nur noch für das libysche Volk, stellte er später vor Journalisten klar.
Dieser Auftritt hatte sicherlich auch Wirkung auf die Mitglieder des Sicherheitsrats, die anschließend zu geschlossenen Konsultationen zusammenkamen. In den Beratungen herrschte große Einigkeit, schnell wirksame Maßnahmen zu beschließen - mit dem Ziel, die Gewalt so schnell wie möglich zu stoppen. Ähnlich wie das von der EU ins Auge gefasste Sanktionspaket enthält der Uno-Resolutionsentwurf ein striktes Waffenembargo. Die Konten des Gaddafi-Clans sollen eingefroren und Einreiseverbote verhängt werden. Die Bundesregierung setzte sich mit einem weiteren Vorschlag durch, verlautete aus diplomatischen Kreisen. Demnach soll der Internationale Strafgerichtshof verpflichtet werden, die Verantwortlichen für das Blutvergießen in Libyen völkerrechtlich zur Rechenschaft zu ziehen.
USA verhängen Sanktionen gegen Gaddafi
Ban kündigte an, er werde am Montag nach Washington reisen und mit US-Präsident Barack Obama über Libyen und weitere Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft beraten. Er betonte die Bedeutung gemeinsamer Sanktionen: "Die nächsten Stunden und Tage werden von entscheidender Bedeutung für die Libyer sein."
Zuvor hatten bereits die USA Sanktionen gegen die libysche Führung verhängt. Die Strafmaßnahmen richteten sich gegen das Regime von Staatschef Gaddafi, nicht gegen das libysche Volk, erklärte Obama am Freitagabend in Washington. Auf Anordnung des Präsidenten sollen die Vermögen der Führungsriege um Gaddafi eingefroren werden, auch die der Kinder des Staatschefs und aller Personen, die an Menschenrechtsverstößen beteiligt waren.
"Die Regierung von Muammar al-Gaddafi hat gegen internationale Regeln und jeden Anstand verstoßen und muss dafür zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Obama. Der Präsident kündigte an, sich bei weiteren Schritten mit befreundeten Staaten und der Uno eng abzustimmen. Man stehe "standhaft an der Seite des libyschen Volkes bei seiner Forderung nach universellen Rechten".
Gaddafi-Sohn will verhandeln
Angesichts des internationalen Drucks und der schweren Unruhen im Land scheint das Regime zu reagieren. Saif al-Islam Gaddafi, Sohn des libyschen Staatschefs, hat eine Aussetzung der Angriffe auf die Regimegegner und Gespräche mit den Aufständischen angekündigt. "Die Armee hat entschieden, die Terroristen nicht anzugreifen, um ihnen die Möglichkeit für Verhandlungen zu geben", sagte er am späten Freitagabend in Tripolis. Er hoffe, dass dies am Samstag auf "friedlichem Wege" möglich sei. Zugleich stellte er die rasche Wiederherstellung der staatlichen Kontrolle in den Gebieten im Osten des Landes in Aussicht.
Nach tagelangen blutigen Kämpfen haben Gegner des Regimes von Muammar al-Gaddafi die Kontrolle über die Städte im Osten Libyens übernommen. Das Militär war aus den Gebieten geflohen oder hatte sich den Aufständischen angeschlossen.
"Uns wurde versichert, dass der Staat die Kontrolle über die östlichen Städte des Landes zurückgewinnen wird", sagte Saif al-Islam Gaddafi. Erneut machte er Islamisten für die Proteste gegen das Regime seines Vaters verantwortlich. Das hätten Bewohner der von den Aufständischen kontrollierten Stadt Bengasi bestätigt. Sie hätten sich telefonisch auch über die chaotischen Zustände beklagt. "Mädchen können nicht mehr auf die Straße gehen, Schulen sind geschlossen, und das öffentliche Leben ist zum Stillstand gekommen, weil, so beschreiben sie es, Islamisten dort mit Gewalt die Kontrolle übernommen haben", sagte der Gaddafi-Sohn.
Er bestritt, dass Söldner gegen Demonstranten eingesetzt worden seien. Augenzeugen hatten zuvor berichtete, dass Kämpfer aus dem Tschad, Mali und anderen afrikanischen Staaten Gegner des Gaddafi-Regimes angegriffen hätten. Die Proteste gegen das Regime gingen auch am Freitag weiter. In Tripolis feuerten Sicherheitskräfte auf die Protestierenden, mehrere Menschen wurden getötet. In Bengasi versammelten sich Hunderttausende, um gegen das Regime zu demonstrieren. Immer wieder wurde im Laufe des Freitags gemeldet, dass auch Vororte der Hauptstadt schon von den Aufständischen kontrolliert würden. Eine Bestätigung dafür gab es jedoch nicht.
Gaddafi selbst gab sich zuletzt weniger kompromissbereit. Der libysche Machthaber zeigte sich erstmals seit Ausbruch der schweren Unruhen vor einer Woche öffentlich vor Hunderten von Anhängern. "Wir können jeden Angriff abwehren und das Volk bewaffnen, wenn nötig", sagte er bei seinem überraschenden Auftritt auf dem Grünen Platz in der Hauptstadt. Er rief seine Gefolgsleute auf, protestierende Regimegegner zu bekämpfen und zu töten. "Übt Vergeltung gegen sie, übt Vergeltung gegen sie!" Seine Anhänger sollten sich vorbereiten, "die Nation und das Öl zu verteidigen". Wenn nötig, würde er Waffenlager öffnen und jeden Libyer bewaffnen.