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Flucht aus Libyen: Gaddafi-Clan setzt sich ab

Foto: KHALED DESOUKI/ AFP

Aufstand in Libyen Gaddafi-Familie flüchtet nach Algerien

Teile der Gaddafi-Sippe haben sich aus Libyen abgesetzt. Nach Angaben des Außenministeriums in Algier sind die Frau des Despoten, seine Tochter und zwei Söhne in Algerien eingetroffen. Die Rebellen fordern ihre Auslieferung. Der gestürzte Diktator selbst soll sich noch in seinem Heimatland aufhalten.

Algier - Die Ehefrau und drei Kinder des langjährigen libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi sind nach Angaben des algerischen Außenministeriums nach Algerien ausgereist. Wie das Ministerium in Algier am Montag über die Nachrichtenagentur APS mitteilte, überquerten die Familienmitglieder am Morgen um 8.45 Uhr die algerisch-libysche Grenze. Demnach handelt es sich um Gaddafis Ehefrau Safia und Tochter Aischa, die Söhne Hannibal und Mohammed sowie deren Kinder.

"Diese Information wurde dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Präsidenten des Sicherheitsrats und Mahmud Dschibril, dem Präsidenten des Exekutivkomitees des Nationalen Übergangsrates, übermittelt", erklärte das algerische Außenministerium. Über den Aufenthaltsort Gaddafis machte das Ministerium keine Angaben.

Die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete unterdessen, dieser halte sich zusammen mit zwei seiner Söhne hundert Kilometer südlich der libyschen Hauptstadt Tripolis in Bani Walid auf. Die Agentur berief sich auf "zuverlässige libysche Diplomaten". Unter Berufung auf dieselben Quellen berichtete Ansa, Gaddafis Frau und drei Kinder befänden sich in Algerien. Die Agentur nannte dieselben Kinder, die auch vom algerischen Außenministerium genannt wurden. Laut Ansa wurde ein weiterer Sohn Gaddafis, Chamis, auf dem Weg nach Bani Walid getötet.

Vergangene Woche hatte ein libyscher Rebellenvertreter über die ägyptische Nachrichtenagentur Mena verlauten lassen, ein Konvoi aus gepanzerten Fahrzeugen habe die Grenze nach Algerien überquert. Dies hatten die algerischen Behörden bestritten. Einige Rebellen haben Algerien als Unterstützer Gaddafis bezeichnet. Die Regierung Algier hat den Übergangsrat bislang nicht anerkannt. Die algerische Zeitung "al-Watan" berichtete, Algerien wolle nun die Grenze zu Libyen schließen.

Algerien steht fest zu Gaddafi

In Tripolis verbreitete sich die Nachricht über die Ausreise der Angehörigen von Gaddafi wie ein Lauffeuer. Über das Radio, mittlerweile gibt es zwei sogenannte Revolutionssender, wurde seit dem späten Nachmittag über das Gerücht berichtet, wenig später dann vermeldeten die Sprecher die Bestätigung durch das algerische Außenministerium. Zunächst gab es auf den Straßen keine spürbaren Reaktionen auf die Nachricht.

Dass Teile des Gaddafi-Clans oder sogar der Diktator selbst nach Algerien flüchten könnten oder dies bereits getan haben, wurde seit Tagen als eine der möglichen Exit-Strategien für die libysche Machtclique diskutiert. Algerien stand als eines der letzten Länder noch voll zu dem Despoten. Noch im Mai, damals war der Kampf gegen Gaddafi schon voll entbrannt, besuchte eine hochrangige algerische Delegation des Parlaments die libysche Hauptstadt und stellte sich an die Seite Gaddafis.

Für die Jäger des Despoten bietet die Ausreise der Familie wenig neue Chancen. Niemand hofft auch nur, dass Algerien Druck auf die Verwandten ausüben würde, zum Aufenthaltsort Gaddafis auszusagen - wenn sie denn überhaupt etwas darüber wissen. Im Gegensatz beispielsweise zu Gaddafis Sohn Saif al-Islam waren die Gaddafi-Ehefrau und die beiden anderen Söhne seit Monaten nicht mehr öffentlich aufgetreten. Saif al-Islam hingegen zeigte sich noch am Abend des Einmarsches der Rebellen kurz mit vielen Anhängern in der Innenstadt von Tripolis.

Rebellen wollen Gaddafi und seine Söhne "überallhin verfolgen"

Die Rebellen sehen die Aufnahme der Familie als "Akt der Aggression", wie es in einer Mitteilung hieß. Schließlich wolle man "all diesen Kriminellen einen fairen Prozess machen". Der Übergangsrat will nun die Auslieferung der Gaddafis verlangen. "Wir warnen davor, Gaddafi und seine Söhne aufzunehmen", sagte ein Sprecher. "Wir werden sie überallhin verfolgen, sie aufspüren und festnehmen." Der Rebellenrat hat eine Belohung von 1,3 Millionen Dollar für Gaddafis Ergreifung - tot oder lebendig - ausgesetzt.

Die Unterstützung Algeriens während der Kämpfe zwischen den Rebellen und den Gaddafi-Truppen ging nach Angaben der Rebellen über pure Rhetorik weit hinaus. Bereits im Frühjahr beschuldigten die Rebellen Algerien der Entsendung von Söldnern und Waffen für Gaddafis Truppen. Bis heute gibt es für diese Vorwürfe keine Belege, gleichwohl erscheint eine solche Unterstützung sehr plausibel. Algerien fürchtete beim Beginn des arabischen Frühlings ein Übergreifen der Proteste auf das eigene Land, das ebenfalls autoritär geführt wird.

ffr/AFP/dpa/dapd/Reuters/Mitarbeit: Matthias Gebauer, Tripolis
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