Auschwitz-Gedenken ohne Russlands Präsidenten Putins Fehler

Russischer Präsident Putin: Er verschärft die Isolation seines Landes
Foto: ALEXEI NIKOLSKY/ AFPEs gibt Gelegenheiten, zu denen die Welt zusammenrückt. Aktuelle geopolitische Auseinandersetzungen geraten dann kurzzeitig in den Hintergrund, manchmal entspringt dem gemeinsamen Innehalten sogar ein positiver Impuls für die schwierige Gegenwart.
Das Auschwitz-Gedenken könnte so eine Gelegenheit sein, mitten in der wiederaufflammenden Ukraine-Krise. Aber leider wird der russische Präsident Wladimir Putin in Polen nicht dabei sein, wenn neben Joachim Gauck zahlreiche Staats- und Regierungschefs am Dienstagnachmittag an die Befreiung des Vernichtungslagers erinnern. Dabei waren es Soldaten der Roten Armee, die am 27. Januar 1945 das NS-Lager befreiten, in dem seit Sommer 1940 rund 1,1 Millionen Menschen ermordet worden waren.
Vor zehn Jahren, zum 60-jährigen Gedenken, hielt Putin in Auschwitz sogar eine Rede. Fünf Jahre später nahm sein zwischenzeitlicher Platzhalter als Präsident, Dmitrij Medwedew, an den Feierlichkeiten teil. Diesmal schickt Putin seinen Stabschef. Zu Recht trug die Sowjetunion und nach deren Zerfall stellvertretend Russland voller Stolz das Siegel der Auschwitz-Befreier. Eine wahre Heldentat.
Natürlich gibt Putin dieses positive Erbe nicht auf durch sein Fernbleiben. Aber es sind doch fatale Signale, die er damit aussendet.
Einmal wegen der vertanen Chance, sich die Vergangenheit für die Gegenwart zu Nutze zu machen. Gelungen war das zuletzt im Juni 2014 beim 70-jährigen Gedenken an die Landung der Alliierten in der Normandie. Da saß Russlands Präsident mit auf der Tribüne - und aus den anschließenden Gesprächen mit Gastgeber François Hollande, Kanzlerin Angela Merkel und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko entstand das sogenannte Normandie-Format: Eine Runde bestehend aus Vertretern der vier Länder, die mögliche Lösungen für die Ukraine-Krise erarbeitet.
Auschwitz ist Symbol für die Barbarei des Nazi-Regimes, für den Holocaust an den Juden, für das Gegenteil einer freien und toleranten Gesellschaft. Und ein Mahnmal gegen Hass und Gewalt. Putins Abwesenheit in Auschwitz wirkt auch so, als wolle er zeigen, wie wenig ihn dieser Diskurs momentan interessiert. Zuletzt hatte Russland den Nachdruck der islamkritischen "Charlie Hebdo"-Karikaturen unter Strafe gestellt - auch das wirkte wie eine demonstrative Geste gegenüber dem Westen.
Wladimir Putin ist in der Schmollecke, zieht sich darauf zurück, dass er keine persönliche Einladung zu der Gedenkfeier erhalten habe. Aber die hat nach aktuellem Stand niemand der Staats- und Regierungschefs bekommen, die in Auschwitz sein werden. Anders als in der Vergangenheit wurden diesmal nur die Botschafter einzelner Länder, auch Russlands, angeschrieben.
Putin wollte in Auschwitz offenbar nicht dabei sein. Damit verschärft er die Isolation Russlands weiter, die der Präsident wegen der internationalen Sanktionen beklagt. Das hilft weder seinem Land noch ihm selbst.