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Wahl in Australien: Der "verrückte Mönch" liegt vorne

Foto: SAEED KHAN/ AFP

Regierungswechsel in Australien Kevin Rudd räumt Niederlage ein

"Ich wünsche ihm alles Gute für das hohe Amt." Erste Hochrechnungen bescheinigen Kevin Rudd eine historische Schlappe. Der australische Premier räumte mittlerweile seine Niederlage ein. Neuer Regierungschef wird der konservative Oppositionsführer Tony Abbott.

Sydney - Es ist eine krachende Niederlage für die australische Labor-Partei: Nach ersten Wahlumfragen in Australien zeichnet sich ein überwältigender Sieg für die konservative Opposition ab. Neuer Regierungschef wird damit der 55-jährige Tony Abbott.

Vor seinen Parteianhängern gab der noch amtierende Ministerpräsident Kevin Rudd seine Schlappe bekannt. "Ich habe Tony Abbott vor kurzem angerufen und die Niederlage eingeräumt", sagte der Sozialdemokrat in Brisbane. "Als Premierminister wünsche ich ihm alles Gute für das hohe Amt. Jetzt ist die Zeit gekommen, dass wir uns als große australische Nation vereinen."

Es ist ein überwältigender Sieg des "verrückten Mönchs", ein Spitzname, den Abbott sich wegen seines aggressiven Auftretens und seiner Vergangenheit als Priesteranwärter zuzog. Nach Angaben der Wahlkommission können die Konservativen mit 90 der 150 Parlamentssitze rechnen.

Nach seinem Wahlsieg kündigte Abbott die Bildung einer "vertrauenswürdigen und kompetenten Regierung" an. "Zum siebten Mal in 60 Jahren hat die Regierung von Australien gewechselt", sagte er vor seinen Parteikollegen. Er freue sich nun darauf, eine Regierung zu bilden, die ihre Versprechen "entschlossen und methodisch" erfüllen werde.

Der Sieg des konservativen Parteibündnisses fällt damit noch wesentlich deutlicher aus. Abbott waren in Umfragen vor der Wahl nur bis zu 87 Sitze beschieden.

Hochrechnungen des Senders SkyNews zufolge dürfte Abbotts konservative Koalition sogar 97 der 150 Sitze im Parlament gewinnen, die regierende Labor-Partei nur 51. Zwei Sitze könnten demnach an Unabhängige gehen.

Damit wird die seit sechs Jahren regierende Labor-Partei von Ministerpräsident Kevin Rudd von der Macht verdrängt. Das Schicksal des Sozialdemokraten stand sogar in seinem eigenen Wahlkreis auf Messers Schneide. "Die Chancen liegen bei 50 zu 50", sagte ein Sprecher des Umfrageinstituts Newspoll SkyNews. Rudd führte zuletzt eine Minderheitsregierung an. Die Partei hatte 71 Abgeordnete und war auf die Unterstützung von Unabhängigen angewiesen.

Australier genervt von Chaos an der Spitze der Labor Party

Fünf Wochen dauerte die heiße Phase im australischen Wahlkampf, und der politische Gegner um Premier Rudd hatte wenig unversucht gelassen, um Abbott als Hassfigur darzustellen. Dieser stehe in seinen Überzeugungen gegen Frauen, Homosexuelle, Abtreibung und den Klimaschutz. Überhaupt, so das sozialdemokratische Lager, bewege sich Australien unter einem Premier Abbott auf schnellstem Weg zurück in die fünfziger Jahre.

Tatsächlich tat Abbott lange wenig, um sein Image als erzkonservativer Hardliner zu korrigieren. Er sinnierte offen über den Sex-Appeal von Parteikolleginnen, sprach der kinderlosen ehemaligen Premierministerin Julia Gillard die Expertise in Familienangelegenheiten ab und fragte in einem TV-Duell mit Rudd giftig, ob dieser "denn auch mal die Klappe halten" könne.

Offenbar kam das bei vielen Australiern besser an. Viele sind genervt von dem Hin und Her an der Spitze der Labor Party. Zur Erinnerung: Im Juni 2010 stürzte Ministerin Julia Gillard den damaligen Premier Rudd und trat als erste Frau an die Regierungsspitze. Drei Jahre und einen hässlichen Führungsstreit später setzte Labor wieder auf Rudd. Im Juli 2013 musste Gillard ihren Posten räumen.

Im Wahlkampf ließ Abbott keine Gelegenheit aus, das Chaos an der Spitze als Symptom für die mangelnde Führungskraft der Regierung zu deuten. "Wir haben böse Überraschungen satt. Deshalb werden wir eine Regierung ohne Entschuldigungen und Ausreden bilden", sagte Abbott laut dem britischen "Telegraph".

Im Wahlkampf setzte der Konservative auf teils abenteuerliche Versprechen. Besonderes Highlight ist ein Programm, das Frauen je nach Einkommen bis zu 75.000 australische Dollar (das entspricht rund 52.000 Euro) für sechs Monate Elternzeit verheißt. Mehr als fünf Milliarden Dollar dürfte das die Staatskasse im Jahr kosten, selbst in der eigenen Partei ist man skeptisch.

Streitpunkt CO2-Steuer

Für die meisten Australier ist jedoch entscheidend: Abbott hat die Wahl zum Referendum über die CO2-Steuer erklärt. Seit Juli 2012 kassiert Australien die Abgabe von den größten Erzeugern des Treibhausgases Kohlendioxid. Dazu gehören unter anderem Kraftwerke und große Fabriken, die die Belastung auf die Verbraucher umlegen. In der Bevölkerung brodelt seitdem der Unmut über die vermeintlich unangemessene Belastung und horrende Stromrechnungen. Für Abbott ein willkommener Angriffspunkt. Noch am Tag des Wahlsiegs, so der Politiker auf seiner Webseite , werde er erste Schritte zur Abschaffung der Steuer einleiten.

Im Kampf um Wählerstimmen weiß Abbott außerdem einen mächtigen Verbündeten hinter sich: Medien-Tycoon Rupert Murdoch hat dem konservativen Kandidaten seinen Segen und seinen Redaktionen einen eindeutigen Marschbefehl erteilt. Am Tag nach Bekanntgabe des Wahltermins titelte Murdochs Boulevardblatt "Daily Telegraph" über die Labor-Führung: "Schmeißt sie endlich raus".

gam/jok/dpa/Reuters/AFP
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