Machtwechsel in Australien Das Aus für den verrückten Mönch

Gestürzter Regierungschef Abbott: Vorzeitiges Ende der Amtszeit
Foto: Sam Mooy/ dpaTony Abbott wollte bis zum Schluss nicht wahrhaben, was sich hinter seinem Rücken abspielte. "Das ist doch nur der übliche Canberra-Tratsch, an dem ich mich nicht beteiligen werde", sagte der australische Premierminister noch am Montagmittag über Gerüchte, seine Parlamentsfraktion plane einen Putsch.
Nur wenige Stunden später war der Regierungschef seinen Job los. Malcolm Turnbull, der bislang den unbedeutenden Ministerposten für das Fernmeldewesen innehatte, forderte Abbott zu einer Kampfabstimmung der Liberalen Fraktion heraus. Mit 54 zu 44 Stimmen setzte sich Turnbull überraschend deutlich durch.
Damit bekommt Australien den fünften Regierungschef seit 2007. Damals war John Howard der letzte Premierminister, der eine ganze Amtszeit überstand. Doch keiner hat das Vertrauen der Wähler und seiner eigenen Partei so schnell verspielt wie Abbott.
Gebrochene Versprechen, peinliche Fehltritte
Bei den Parlamentswahlen im September 2013 führte er die von seiner Liberalen Partei angeführte bürgerliche Koalition zu einem überzeugenden Wahlsieg, sie errang 90 von 150 Mandaten. Doch dann ging es stetig abwärts. Mit seinem Haushaltsentwurf für das Jahr 2014/15 verärgerte er viele Wähler: Seine Steuererhöhungen gingen besonders zu Lasten von Niedrigverdienern, die oberen 20 Prozent blieben hingegen nahezu unangetastet. Abbott führte zudem eine Praxisgebühr ein und erhöhte die Studiengebühren.
Hinzu kamen peinliche Fehltritte: Mehrfach sorgte er mit Nazi-Vergleichen im Parlament für Aufsehen, bei öffentlichen Auftritten machte er sich zum Gespött, zum Beispiel, als er während eines Farmbesuchs in eine ungeschälte Zwiebel biss oder in sechs Sekunden einen halben Liter Bier auf Ex kippte. Als Oppositionsführer konnte Abbott mit seiner bodenständigen und oft hemdsärmeligen Art noch punkten, als Regierungschef brachte er viele Australier zum Fremdschämen.
"Wir haben die Boote gestoppt", war der einzige politische Erfolg, auf den der Premierminister immer wieder verwies. Tatsächlich hat es wegen der Militäroperation vor der Nordküste seit mehr als einem Jahr kein Flüchtlingsboot mehr aufs australische Festland geschafft. Doch inzwischen reift bei vielen Wählern die Erkenntnis, dass dieser Erfolg trügt. Ehemalige Soldaten schilderten im australischen Fernsehen, dass die Marine Flüchtlingsboote einfach habe untergehen lassen. Aufgegriffene Migranten fristen ein menschenunwürdiges Dasein in Internierungslagern auf Nauru und in Papua-Neuguinea.
Turnbull soll die nächsten Wahlen gewinnen
Abbott führte seine Partei, die das Wort liberal im Namen trägt, immer weiter nach rechts. Lange weigerte sich Abbott, den menschlichen Einfluss auf den Klimawandel überhaupt anzuerkennen, noch immer hält er eine CO2-Abgabe für ungeeignet, um die globale Erwärmung zu bremsen. Mit allen Mitteln stemmte er sich gegen Forderungen aus seiner eigenen Partei, die Home-Ehe in Australien zu legalisieren. Einst hatte Abbott sogar Priester werden wollen, deshalb hat ihm die Boulevardpresse den Spitznamen "Mad Monk", verrückter Mönch, verpasst.

Malcolm Turnbull: "Wir können nicht immer nur defensiv handeln"
Foto: Stefan Postles/ Getty ImagesDer neue Regierungschef Turnbull vertritt deutlich liberalere Positionen. Der ehemalige Umweltminister hat angekündigt, dass Australien unter seiner Führung mehr gegen den Klimawandel unternehmen werde. Außerdem unterstützt Turnbull die Ehe für alle.
Vor allem verspricht der neue Premierminister einen neuen, weniger autoritären Führungsstil. "Wir können nicht immer nur defensiv handeln", sagte Turnbull in seiner ersten Rede nach der gewonnenen Abstimmung. Abbott habe immer nur zu allem Nein gesagt: Nein zu den Booten, Nein zu einer Kohlendioxidsteuer, Nein zur Homo-Ehe. Dem gestürzten Regierungschef habe der Gestaltungswille gefehlt.
Turnbull hat sein neues Amt vor allem den Hinterbänklern seiner Fraktion zu verdanken. Angesichts der schlechten Umfragewerte bangen viele Koalitionsabgeordnete um ihren Wiedereinzug ins Parlament bei den nächsten Wahlen. Im November 2016 läuft die aktuelle Legislaturperiode aus, das Regierungslager hofft, mit einem neuen Mann an der Spitze die Macht zu sichern.
Vor zwei Jahren hatte die Labor Party in ähnlicher Lage genau das gleiche versucht. Damals stürzte Kevin Rudd die amtierende Regierungschefin Julia Gillard bei einer parteiinternen Abstimmung. Die Parlamentswahl wenig später ging dennoch verloren. Es gewann Tony Abbott.
Zusammengefasst: Die regierende Liberal Party in Australien hat Premierminister Tony Abbott gestürzt. Wegen gebrochener Wahlversprechen und peinlicher Fehltritte hatte der Regierungschef viel Rückhalt bei den Wählern verloren. Nachfolger Malcolm Turnbull soll nun bis zu den Wahlen im kommenden Jahr die Trendwende schaffen.