Bangladesch Islamisten und Polizei liefern sich Straßenschlacht

Etwa 200.000 radikale Islamisten hatten Bangladeschs Hauptstadt weitgehend abgeriegelt - dann brachen Straßenschlachten aus. Mindestens vier Menschen starben. Die Islamisten fordern die Todesstrafe für Gotteslästerei und strikte Geschlechtertrennung.
Ausschreitungen in Dhaka: Zehntausende forderten Blasphemiegesetz

Ausschreitungen in Dhaka: Zehntausende forderten Blasphemiegesetz

Foto: MUNIR UZ ZAMAN/ AFP

Dhaka - Radikale Islamisten haben sich am Sonntag in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka Straßenschlachten mit der Polizei geliefert und die Millionenstadt zum Stillstand gebracht. Nach Polizeiangaben wurden vier Menschen getötet, darunter ein Polizeifahrer, fast hundert seien verletzt.

Die Ausschreitungen begannen nach einer Großdemonstration der neu gegründeten radikalislamischen Gruppe Hefajat-e-Islam. Augenzeugen berichteten, die Kämpfe mit den Sicherheitskräften hätten begonnen, als die Demonstranten die Zentrale der Regierungspartei Awami Liga attackierten. Die Demonstranten warfen Steine, steckten eine Polizeiwache und mehrere Autos und Läden in Brand und zündeten Dutzende kleine Sprengsätze. Die Polizei feuerte mit Gummigeschossen und Tränengasgranaten.

Zuvor marschierten etwa 200.000 Anhänger der neuen Bewegung auf mindestens sechs Autobahnen in Richtung Dhaka und blockierten Zufahrtsstraßen in die Millionenstadt. Sie forderte unter anderem die Verschärfung der Blasphemiegesetze - wie die Todesstrafe bei Beleidigung des Islams - sowie die Abschaffung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern in dem überwiegend muslimischen Land.

Putschdrohungen gegen die säkulare Regierung

Hejafat-Funktionäre drohten der Regierung in Reden mit einem Umsturzversuch, falls ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Der Anführer Abdur Rahman bezeichnete die Führung des Landes als "Regierung von Atheisten". Premierministerin Sheikh Hasina hatte die Forderungen nach einem solchen Blasphemiegesetz zurückgewiesen. Die bisherigen Gesetze seien ausreichend zur Verfolgung von Gotteslästerung, sagte Hasina, die seit 2009 eine säkulare Regierung anführt.

Schon mehrmals hatte Hefajat Massenproteste auf die Beine gestellt. Im April organisierte die radikale Bewegung einen Generalstreik und eine Demonstration mit mehreren hunderttausend Teilnehmern, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Kritiker werfen den Islamisten vor, sie wollten Bangladesch in ein Land verwandeln, wie es Afghanistan zu Zeiten der Herrschaft der radikalislamischen Taliban war. Arbeiterinnen, etwa aus der Textilindustrie, wehren sich insbesondere gegen die Pläne einer strikten Trennung der Geschlechter.

Bangladesch gehörte bis 1971 zu Pakistan. In der islamischen Republik gibt es ein Blasphemiegesetz, das die Beleidigung jeder Religion verbietet. In der Praxis wird es allerdings nur bei angeblicher Herabsetzung des Islams angewandt. Gegner des Gesetzes müssen um ihr Leben fürchten. Bisher wurde in Pakistan kein Todesurteil wegen Blasphemie vollstreckt, mehrere Angeklagte wurden aber nach ihrer Freilassung gelyncht.

sun/dpa/AFP

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