Barack Obama auf Buzzfeed und Vox Klick mich, ich bin dein Präsident

US-Präsident Obama: Erster großer Auftritt bei Buzzfeed
Eigentlich schwingt sich Buzzfeed gerade auf den Valentinstag ein. Die Webseite ist für Artikel in Listenform (listicles) und Katzenbilder (cat content) bekannt. Zum Tag der Liebenden am Samstag präsentiert sie "16 heitere Valentinskarten" oder auch "17 furchtbare Valentinsgrüße für Leute, die nichts mehr fühlen".
Dazwischen hat der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika seinen großen Auftritt. Es ist eine Premiere für Buzzfeed, das in den USA zuletzt auf 77 Millionen Leser pro Monat kam, mittlerweile weltweit expandiert und auch einen deutschen Ableger betreibt.
Das Interview mit Barack Obama belege die Entwicklung eines "ambitionierten, verrückten Experiments zu einer der ambitioniertesten neuen Medienorganisationen der Welt", sagte Ben Smith. Der Chefredakteur von Buzzfeed ist vor drei Jahren vom Polit-Magazin "Politico" gekommen, um der bunten Seite mehr politisches Leben einzuhauchen. Den digitalen Raum sieht Smith als Experimentierfeld, vor zehn Jahren betrieb er einen der ersten erfolgreichen politischen Blogs. Die "New York Times" kürte den 38-Jährigen zum "Boy Wonder of Buzzfeed".
Präsident trifft Medienwunder
Als dieses Medienwunder am Dienstag auf Obama trifft, kommt allerdings ein eher traditioneller Austausch heraus. Die wesentlichen Antworten Obamas:
- Zum Fall der vom "Islamischen Staat" getöteten US-Geisel Kayla Mueller: Es sei eine seiner härtesten Aufgaben, den Familien von Geiseln zu sagen, dass Amerika kein Lösegeld zahle. US-Spezialkräfte seien im letzten Sommer mit dem Versuch gescheitert, Mueller zu befreien.
- Über Russlands Präsidenten: Wladimir Putin stehe noch "mit einem Bein in der sowjetischen Vergangenheit". Er habe für den KGB gearbeitet, das seien seine "formativen Erlebnisse" gewesen.
- Zum anstehenden Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshofs in Sachen Homo-Ehe: "Ich denke, der Supreme Court wird einen Wandel vollziehen, den ich begrüße", heißt: die landesweite Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe.
- Über Hillary Clinton: "Sie wäre eine herausragende Präsidentin."
Das Besondere an diesem Interview ist letztlich nicht der Inhalt, sondern die Verkaufsweise: Am Dienstagabend veröffentlicht Buzzfeed einzelne Schnipsel, bevor das Gespräch dann um Mitternacht komplett präsentiert wird.
Obamas Leute setzen auf die Plattform, um die Jüngeren zu erreichen, die ein Präsidenten-Interview in der "New York Times" oder "Washington Post" kaum lesen würden. Im Januar hatte sich Obama bereits den Fragen dreier bekannter YouTuber gestellt, die zusammen mehr als 16 Millionen Abonnenten haben.
Das Buzzfeed-Interview kommt zudem in derselben Woche auf den Markt wie jenes, das Obama zuvor dem Nachrichten-Erklärportal Vox gegeben hat. Auch hier ist es eine Premiere. Die Seite ist erst seit einem knappen Jahr online und wurde vom früheren "Washington Post"-Redakteur Ezra Klein gegründet, dem erst 30-jährigen Star der hauptstädtischen Politikjournalisten-Szene. Klein und Kollege Matthew Yglesias machten mehr aus dem Interview als die Konkurrenz von Buzzfeed. Wo die einen das traditionelle Verfahren adaptieren, suchten die Vox-Leute neue journalistische Zugänge.
Ein Zitat macht Ärger
Das Gespräch wurde großformatig präsentiert, aufgegliedert in Innen- und Außenpolitik, unterbrochen von Videosegmenten, die Obama vor schwarzer Kulisse zeigen. Sowohl Text als auch Bewegtbild werden ergänzt mit dynamischen Grafiken, die das Gesagte veranschaulichen. Das Ergebnis ist ein ebenso intelligentes wie ästhetisches Stück politischer Journalismus. Die wesentlichen Aussagen Obamas:
- Kluge US-Führung sei das Gegenteil von Interventionismus: "Ich würde behaupten, dass unsere Invasion im Irak dem Ziel geschadet hat, unserem Land Sicherheit zu bringen."
- Erfolg in der Bekämpfung von Krisen und Konflikten komme nicht immer auf einen Schlag, manchmal könne man die Dinge nur langsam verbessern.
- Beim notwendigen Kampf gegen Terrorismus dürften langfristig größere Gefahren wie der Klimawandel nicht unterschätzt werden.
- Zur Bekämpfung der wachsenden Ungleichheit im Land sei ein umverteilender Staat gefordert.
Zum Vox-Verdruss macht aber am Dienstag ein ganz anderes Zitat aus dem Interview die Runde: Es ist die Stelle, an der Obama sagt, der Terrorist von Paris hätte in dem jüdischen Supermarkt "willkürlich ein paar Leute" erschossen. Die flapsige Wortwahl provoziert prompt Empörung.
Genervt entgegnet der leitende Vox-Redakteur Max Fisher per Twitter: "11.000 Worte von Obama über seine Sicht auf die Welt und das einzige, worüber DC reden kann, ist ein offensichtlich minimaler Fauxpas." Das sei der Grund, "weshalb jeder die DC-Presse hasst".