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Pressekonferenz in Berlin Obama warnt Trump vor "Deals" mit Russland

Barack Obama redet Donald Trump ins Gewissen. Sein Nachfolger dürfe im Verhältnis zu Russland wichtige Prinzipien nicht aufgeben, sagte der scheidende US-Präsident in Berlin.

Barack Obama hat die Länder Europas aufgerufen, sich um den Erhalt der EU zu bemühen. "Ich glaube weiter daran, dass die Europäische Union eine der größten Errungenschaften der Welt ist", sagte der scheidende US-Präsident am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel in Berlin.

"Man muss diese Errungenschaften kultivieren und dafür kämpfen", sagte Obama. Der Austritt Großbritanniens solle so geräuschlos und problemlos wie möglich gestaltet werden.

Seinen gewählten Nachfolger Donald Trump warnte er vor einer Aufgabe wichtiger Prinzipien im Verhältnis zu Russland. Er wünsche, dass Trump nicht nur eine realpolitische Position beziehen werde und sage: "Wir machen einfach Deals mit Russland, selbst wenn das jemandem schaden kann oder internationale Normen verletzt oder kleineren Ländern schadet." Er hoffe, dass Trump einen konstruktiven Ansatz in den Beziehungen weiterverfolge, aber zugleich bereit sei, deutlich zu machen, wenn unterschiedliche Interessen vorhanden seien.

Bei Kanzlerin Merkel bedankte sich Obama für die "hervorragende Zusammenarbeit". Er bezeichnete sie als "die standfesteste und zuverlässigste Partnerin, die man sich vorstellen kann". Obama bedankte sich bei Merkel auch für den deutschen Beitrag im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) und im Syrienkonflikt. Merkel stehe wie er selbst für "eine umfassende und humanitäre Lösung dieser Krise, der wir auch die Flüchtlingswelle nach Europa zu verdanken haben", sagte er. Die Kanzlerin habe dabei Augenmaß und Mitgefühl gezeigt. Obama lobte auch Merkels "Stärke und Entschlossenheit" sowie ihre konsequente Orientierung an Werten.

Die Kanzlerin würdigte Obama als verlässlichen Partner in schwierigen Zeiten. Sie bedanke sich für eine acht Jahre lange enge, vertrauensvolle und freundschaftliche Zusammenarbeit. Auch mit Trump strebt die Kanzlerin eine enge Kooperation an: "Natürlich werde ich auch alles daran setzen, mit dem neu gewählten Präsidenten dann gut zusammenzuarbeiten", sagte Merkel.

Auf die Frage, ob ihr der Abschied schwer falle, bekannte sie: "Na klar. Wenn man mit jemandem gut zusammengearbeitet hat, dann fällt der Abschied auch schwer." Aber schließlich sei man ja auch Politiker - "und Demokratie lebt vom Wechsel". In der US-Verfassung sei es sehr hart vorgegeben: "Acht Jahre, und dann kommt ein neuer Präsident", meinte sie.

"Wenn ich Deutscher wäre, wäre ich ihr Anhänger"

Vor dem Hintergrund der Affäre um das Abhören ihres Handys durch den US-Geheimdienst NSA sagte die Kanzlerin, mit Obama habe es auch in solch schwierigen Stunden eine verlässliche Zusammenarbeit gegeben. Zugleich betonte Merkel, die Kooperation der deutschen Geheimdienste mit den US-Diensten sei angesichts der terroristischen Bedrohung unerlässlich. "Wir brauchen diese Kooperation", sagte sie.

Auf die Frage, ob Merkel noch mal als Kanzlerkandidatin antreten solle, antwortete Obama zwar nicht direkt. Er sagte aber doch: "Wenn ich Deutscher wäre, wäre ich ihr Anhänger." Es sei aber ihre Sache, ob sie noch einmal zu einer Bundestagswahl antreten wolle. Und es sei letztlich Sache des deutschen Volkes, die Führung seines Landes zu bestimmen.

Auch Merkel hielt sich in der Frage weiterhin bedeckt. Sie werde sich dazu zum gegebenen Zeitpunkt äußern. "Und der ist heute nicht gegeben", sagte sie.

Exklusiv-Interview mit ARD und SPIEGEL

In einemExklusiv-Interview mit der ARD und dem SPIEGEL hatte Obama zuvor vor wachsenden politischen Spannungen in den westlichen Demokratien gewarnt. "Wenn die globale Wirtschaft nicht auf Menschen reagiert, die sich zurückgelassen fühlen, wenn die Ungleichheit weiter wächst, werden wir erleben, dass sich die Spaltungen in den Industrieländern ausweiten", sagte Obama.

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Zugleich lobte Obama auch dort die Politik von Kanzlerin Angela Merkel: "Sie steht für große Glaubwürdigkeit, und sie ist bereit, für ihre Werte zu kämpfen." Die Deutschen sollten Merkel wertschätzen.

Zu den Plänen seines gewählten Nachfolgers Trump sagte Obama, dessen Ankündigung, die Krankenversicherung für alle US-Bürger ("Obamacare") zurückzunehmen, sehe er kritisch. Trump sage, dass er das Gesundheitssystem verbessern könne: "Wenn er die gleiche Anzahl von Menschen krankenversichern kann - und zwar besser als ich -, dann würde ich dies unterstützen."

Das Interview von der ARD-Kollegin Sonia Mikich und SPIEGEL-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer sehen Sie ab 20 Uhr hier auf SPIEGEL ONLINE.

als/dpa/Reuters
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