Obama-Rede zu Mandelas 100. Geburtstag "Wir befinden uns an einem Scheideweg"

Barack Obama in Südafrika
Foto: MARCO LONGARI/ AFPSeine öffentlichen Auftritte sind selten geworden. Aber für die Feierlichkeiten anlässlich Nelson Mandelas 100. Geburtstag machte Barack Obama eine dieser raren Ausnahmen. In Johannesburg sprach er über Rassismus, Ausgrenzung und Toleranz.
Der einst von Mandela angeführte Kampf gegen die Diskriminierung von Menschen anderer Hautfarbe müsse in Zeiten von zunehmendem Populismus entschiedener denn je geführt werden. "Der Kampf um Gerechtigkeit ist nie vorüber", sagte Obama vor Tausenden Zuhörern. Sowohl in den USA als auch in Südafrika gebe es nach wie vor Rassismus, sagte Obama, der als erster schwarzer Politiker US-Präsident geworden war.
Jahrzehnte der Diskriminierung hätten zu großer Ungleichheit und Armut geführt. Es gebe immer noch zu viele Menschen, die sich von anderen, die nicht wie sie selbst aussähen oder sprächen, bedroht fühlten. Im Westen gebe es zudem inzwischen immer mehr Parteien, die eine offen nationalistische Agenda verträten, warnte Obama.
Mandela hingegen habe die "Hoffnung der Besitzlosen in der ganzen Welt auf ein besseres Leben verkörpert", sagte Obama. "Ich glaube an Nelson Mandelas Vision von Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit." Sogar aus seiner kleinen Gefängniszelle heraus habe Mandela viele Menschen - darunter auch ihn selbst - inspiriert, sagte Obama. "Sein Licht schien selbst aus einer Gefängniszelle in Robben Island so hell, dass er es schaffte, in den späten Siebzigerjahren einen jungen Studenten am anderen Ende der Welt dazu zu inspirieren, seine eigene Prioritäten zu überdenken."
"Wir leben in seltsamen und unsicheren Zeiten"
Trotzdem existiere Rassismus nach wie vor "in den USA und Südafrika". Auch hätten Frauen und Mädchen noch immer nicht die gleichen Chancen wie Männer. Besorgt zeigte sich Obama angesichts nationalistischer Tendenzen in westlichen Ländern. An Mandelas 100. Geburtstags befinde sich die Welt an einem Scheideweg. "Wir leben in einer Zeit, in der zwei verschiedene Visionen dessen miteinander konkurrieren, wer wir sind und wer wir sein sollten", sagte Obama.
Den Herausforderungen einer globalisierten Welt müsse gemeinsam begegnet werden, forderte er in Johannesburg. "Wir leben in seltsamen und unsicheren Zeiten", sagte er in seiner Rede. "Wir brauchen mehr internationale Zusammenarbeit, nicht weniger."
In einer kaum versteckten Anspielung an den Politikstil von US-Präsident Donald Trump forderte Obama, Politiker müssten an Fakten glauben und dürften nicht einfach "Sachen erfinden". "Ohne Fakten gibt es kein Grundlage für Zusammenarbeit mehr", warnte Obama, der Trump allerdings nicht namentlich erwähnte. Zum Gelächter des Publikums sagte er: "Ich dachte nie, dass ich ein großer Politiker sei, nur weil ich keine Sachen erfinde."
"Sein Kampf hat das Leben von Millionen berührt"
Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa sagte, Mandela habe sein Leben dem Dienst an den Menschen gewidmet. "Sein Kampf und seine Opfer haben das Leben von Millionen berührt und werden auch den kommenden Generationen noch eine Inspiration sein." An der Veranstaltung in Johannesburg nahmen zudem unter anderem auch Mandelas Witwe Graça Machel und der frühere Uno-Generalsekretär Kofi Annan teil. Etwa 14.000 Menschen hatten sich im Cricket Station von Johannesburg versammelt.
Mandela wurde am 18. Juli 1918 geboren. Er war Anti-Apartheidskämpfer und wurde der erste schwarze Präsident Südafrikas. Mandela starb 2013. Für seinen Kampf gegen das rassistische weiße Minderheitsregime in Südafrika saß er fast drei Jahrzehnte im Gefängnis, bis er 1990 freikam.
Obama, der als erster schwarzer Politiker US-Präsident wurde, gilt als Bewunderer Mandelas. Er hatte bereits auf dessen Trauerfeier 2013 eine bewegende Lobrede für den "Giganten der Geschichte" gehalten.