Besuch in Tallinn
Obama verspricht Estland weitere US-Soldaten und Flugzeuge
Im Baltikum ist die Sorge vor einer möglichen russischen Besetzung groß. US-Präsident Obama zeigt sich bei seinem Besuch in Estland solidarisch - er will mehr US-Truppen im Land stationieren. Eine Ankündigung mit Folgen.
US-Präsident Obama, Staatschef Toomas Hendrik Ilves in Tallinn: Mehr Soldaten in Ämari
Foto: LARRY DOWNING/ Reuters
Tallinn - US-Präsident Barack Obama hat eine Entsendung weiterer Soldaten der Luftwaffe und Flugzeuge in das Baltikum versprochen. Diese sollen zu Übungszwecken am estnischen Militärstützpunkt Ämari stationiert werden, sagte er nach einem Treffen mit Estlands Präsidenten Toomas Hendrik Ilves am Mittwoch in Tallinn.
Zahlen nannte er allerdings nicht. Der Kongress in Washington muss dem Schritt zudem noch zustimmen.
"Estland wird nie allein stehen", sagte Obama. Er sei gekommen, um das Engagement der USA gegenüber Estland zu bekräftigen, fügte er hinzu und verwies auf Artikel 5 des Nato-Vertrags. Darin wird der Bündnisfall festgelegt, wonach der Angriff auf ein Nato-Land ein Angriff auf alle ist.
Ende April hatten die USA eine Entsendung von rund 600 Soldaten ins östliche Mitteleuropa angekündigt, die an Militärübungen in Polen, Litauen, Lettland und Estland teilnehmen sollen. 150 davon sind in Estland stationiert und sollen voraussichtlich bis Ende des Jahres bleiben. Im Juni hatte Obama in Warschau außerdem bis zu eine Milliarde Dollar (761 Millionen Euro) zur Stärkung der militärischen Sicherheit in Ostmitteleuropa zugesagt. Auch dieses Geld muss der US-Kongress noch freigeben.
Obama wandte sich in Tallinn auch an die anderen Nato-Staaten: Er forderte sie auf, jeweils einen fairen Anteil zu den Verteidigungsausgaben zu leisten.
Am Mittwoch trifft der US-Staatschef auch mit Ilves und den Präsidenten Lettlands und Litauens, Andris Berzin und Dalia Grybauskaite zusammen. Nach einer Rede Obamas im Konzerthaus Nordea und einer Ansprache vor Soldaten will er am Abend zum zweitägigen Nato-Gipfel nach Newport (Wales) weiterreisen. Dort will das Militärbündnis darüber beraten, wie es auf das russische Vorgehen in der Ukraine-Krisereagieren will.
Russische Minderheiten
Der estnische Staatspräsident Ilves hatte sich am Dienstag erneut an die Nato gewandt und einen eigenen Stützpunkt des Verteidigungsbündnisses in seinem Land gefordert. Damit könne sich Estland besser gegen mögliche russische Angriffe wehren, sagte er. Zudem könne so verhindert werden, dass das Land nächster Krisenherd nach der Ukraine werde. "Wir sollten keine Zwei-Klassen-Nato haben mit Ländern, die eine permanente Nato-Basis haben und solchen ohne", sagte Ilves.
Estland, Lettland und Litauen, aber auch Polen und Rumänien fordern seit Beginn des Ukraine-Konflikts mehr Nato-Präsenz in ihren Staaten - aus Sorge um ihre eigenen Grenzen. Die baltischen Staaten sind besorgt, dass Moskau sich das Recht vorbehalte, in anderen Ländern zu intervenieren, um Interessen russischsprachiger Minderheiten zu schützen. Im Baltikum leben viele Russen - allein in Estland machen sie knapp 30 Prozent der Bevölkerung aus. Die ehemaligen Sowjetstaaten sind stark von Energielieferungen des großen Nachbarn abhängig.
Auch andere Nato-Mitglieder wollen den Kurs gegen Russland verschärfen: Polen und Kanada wollen nach SPIEGEL-Informationen die Nato-Russland-Gründungsakte kündigen. Damit könnten Truppen einfacher auf dem Gebiet des ehemaligen Ostblocks stationiert werden.