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Letzte Pressekonferenz als US-Präsident Obama verteidigt Freilassung von Chelsea Manning

US-Präsident Barack Obama hat seine Entscheidung verteidigt, die Whistleblowerin Chelsea Manning vorzeitig aus der Haft zu entlassen. Ihre Strafe sei "unverhältnismäßig" gewesen.

Bei seiner letzten Pressekonferenz vor den Hauptstadtjournalisten in Washington hat der scheidende US-Präsident Barack Obama seine Entscheidung verteidigt, die Strafe für die inhaftierte WikiLeaks-Informantin Chelsea Manning herabzusetzen. "Ihr Urteil war gemessen an Strafen für andere Whistleblower unverhältnismäßig", sagte Obama am Mittwoch im Pressesaal des Weißen Hauses.

Manning soll nach der Anordnung des Präsidenten nun im Mai 2017 freikommen - statt im Jahr 2045. Sie war zu einer 35-jährigen Haftstrafe wegen Spionage und Verrats verurteilt worden, nachdem sie 700.000 vertrauliche Dokumente über die US-Armee und Diplomaten an die Enthüllungsplattform WikiLeaks weitergegeben hatte. Manning war unter dem Namen Bradley Manning seit 2007 für die US-Streitkräfte im Irak stationiert.

Nach ihrer Verurteilung wollte Manning unter dem Namen Chelsea als Frau leben. Im April 2014 genehmigte ein US-Gericht die Namensänderung. Im Februar vergangenen Jahres erlaubte die US-Armee ihr dann auch eine Hormonbehandlung für eine Geschlechtsangleichung.

"Der Gerechtigkeit Genüge getan"

"Ich habe mir die Details des Manning-Falls angesehen, und ich fand, dass es unter Berücksichtigung aller Umstände absolut angemessen war, ihre Strafe herabzusetzen", sagte Obama. Die Strafe sei hart gewesen, Manning habe die Verantwortung für ihre Tat übernommen. "Der Gerechtigkeit wurde Genüge getan."

Die Haftverkürzung hatte scharfe Kritik in Militärkreisen ausgelöst. Der republikanische Senator John McCain, Amerikas bekanntester Kriegsveteran, hatte von einem "schweren Fehler" gesprochen, der Nachahmer ermutige und die militärische Disziplin untergrabe. "Ihre Haftstrafe mag in einigen Monaten enden, aber ihre Schande wird für immer bleiben."

Obama will sich weiter einmischen

Obama dankte zum Abschied den anwesenden Journalisten. "Sie hier im Gebäude zu haben, macht uns aufrichtiger und lässt uns härter arbeiten", sagte der US-Präsident. "Ich war vielleicht nicht immer glücklich über Ihre Geschichten. Aber das ist Teil des Systems."

Er forderte die Medien auf, ihrer Arbeit weiterhin konsequent nachzugehen und als Instanz über das politische Geschehen zu wachen. "Amerika braucht Sie, und die Demokratie braucht Sie", sagte er. Er hoffe sehr, dass die faktenbasierte und kritische Arbeit der Medien auch künftig fortgesetzt werden könne.

Der Noch-Präsident, der das Amt am Freitag an seinen Nachfolger Donald Trump übergibt, kündigte an, sich auch weiterhin einmischen zu wollen, wenn jemand die "zentralen Werte" der USA infrage stelle. Explizit nannte er die Pressefreiheit und das Wahlrecht. Auch bei "systematischer Diskriminierung" werde er nicht schweigen. "Sollte es Versuche geben, Kinder, die hier in Amerika geboren wurden, festzunehmen und abzuschieben, werde ich dazu meine Meinung sagen."

Zunächst aber hat er anderes vor. Er wolle schreiben, sagte Obama. "Ich möchte einmal still sein und mich nicht so viel reden hören." Und er wolle Zeit mit seinen Töchtern verbringen. "Das sind meine Prioritäten in diesem Jahr".

mja/Reuters
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