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Atomgipfel in Washington Obama warnt vor "nuklearem Terrorismus"

Beim Nukleargipfel in Washington warnt US-Präsident Obama eindringlich vor der Gefahr, dass Atommaterial in die Hände des IS gelangen könnte.

US-Präsident Barack Obama hat auf dem Gipfel für nukleare Sicherheit vor den Gefahren eines atomaren Terrorismus gewarnt. Er verwies dabei auf das Interesse der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) an radioaktivem Material. "Kein Zweifel: Wenn diese Verrückten dieses Material in die Hände kriegen, würden sie so viele Menschen töten wie möglich", sagte er in Washington.

Die Gefahr zerstörerischen Atommaterials in den Händen von Terroristen steht kurz nach den Brüsseler Anschlägen im Zentrum des Gipfels. Sicherheitsexperten befürchten, dass die Miliz in den Besitz von Plutonium und hochangereichertem Uran kommen und daraus eine sogenannte schmutzige Bombe bauen könnte. Staats- und Regierungschefs aus mehr als 50 Ländern sind nach Washington gereist. Deutschland wird von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vertreten. Russland hatte eine Teilnahme abgelehnt.

Obama mahnte ein gemeinsames internationales Vorgehen an, um die Bestände nuklearen Materials zu sichern. In hunderten militärischen und zivilen Einrichtungen weltweit gebe es ungefähr 2000 Tonnen Atommaterial, "und nicht alles ist ordentlich abgesichert", sagte Obama. Schon die kleinste Menge Plutonium könnte hunderttausende Menschen töten oder verletzen, warnte er.

Beratungen über Kampf gegen den IS

Der Gipfel beriet am Nachmittag erstmals in diesem Format auch über den Kampf gegen den IS. "Bisher hat keine terroristische Gruppe Zugriff auf nukleares Material bekommen", sagte Obama zu Beginn der Sitzung. Aber: "Wir müssen uns auf das derzeit aktivste Terror-Netzwerk konzentrieren, den IS."

Der IS sei eine Bedrohung für alle, "von der Türkei bis nach Brüssel", sagte Obama. "Wir müssen deutlich mehr tun, um das Reisen von Kämpfern zu verhindern. Auch ist deutlich mehr Austausch von Informationen der Geheimdienste dringend nötig." Bis heute hätten sich mehr als zwölf Länder von sämtlichem hoch angereicherten Uran und Plutonium getrennt, sagte Obama.

China kündigte am Rande des Atomgipfels an, gemeinsam mit den USA die Suche nach Atommaterial an den Landesgrenzen zu intensivieren. Beide Länder arbeiteten schon seit Jahren eng zusammen, um "nuklearen Terrorismus" und die "illegale Verarbeitung von nuklearen und radioaktiven Substanzen" zu unterbinden, sagte Li Wei, der Vizechef der chinesischen Zollbehörde.

Nordkorea provoziert erneut mit Raketentest

Vor dem Gipfel traf sich Obama mit der sogenannten P5+1-Gruppe, die den Atomvertrag mit Iran ausgehandelt hatte. Obama dankte allen beteiligten Staaten, darunter auch Deutschland. "Wir sehen dank dieses Vertrages bereits jetzt echte Fortschritte", sagte er. "Für Iran wird es eine Zeit dauern, wieder vollständig in die Weltwirtschaft integriert zu sein, aber das Land beginnt bereits die Vorteile aus dem Vertrag zu sehen", sagte Obama.

Das Treffen in Washington befasste sich auch mit dem nordkoreanischen Atomprogramm. Das kommunistische Land provozierte die Weltgemeinschaft gleichzeitig erneut mit einem Raketentest. Nach Angaben des südkoreanischen Verteidigungsministeriums wurde in Sondok an der nordkoreanischen Ostküste eine Kurzstreckenrakete abgeschossen, die nach rund hundert Kilometern Flug ins Meer stürzte.

Obama führte vor Beginn des Gipfels eine Serie von Einzelgesprächen über Nordkoreas Atomprogramm. Nach Treffen mit der südkoreanischen Präsidentin Park Geun Hye, dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe und dem chinesischen Staatschef Xi Jinping versicherten alle Seiten, die zu Beginn des Monats beschlossenen neuen Uno-Sanktionen gegen das abgeschottete kommunistische Land müssten nun konsequent umgesetzt werden.

China, ein traditioneller Verbündeter Nordkoreas, hatte im Uno-Sicherheitsrat den neuen und bislang schärfsten Sanktionen gegen Nordkorea zugestimmt. So sind nun alle Uno-Mitgliedstaaten verpflichtet, sämtliche für Nordkorea bestimmten oder aus Nordkorea kommenden Waren zu überprüfen.

Bei dem Gipfel in Washington handelt es sich bereits um das vierte Treffen dieser Art zum Thema des "nuklearen Terrorismus". Obama selbst hatte 2010 den ersten dieser Gipfel initiiert, weitere folgten in Seoul und Den Haag.


Zusammengefasst: Beim Atomgipfel in Washington beraten mehr als 50 Staats- und Regierungschefs über die nukleare Sicherheit. Im Mittelpunkt steht dabei die Sorge, dass die Terrormiliz IS in den Besitz von Atommaterial kommen könnte. Der IS sei eine weltweite Bedrohung, sagte US-Präsident Obama und rief zur gemeinsamen Bekämpfung der Terroristen auf. Auch über das Atomprogramm Nordkoreas wurde gesprochen - die Sanktionen gegen das kommunistische Land müssten konsequent umgesetzt werden, hieß es.

kry/AFP/dpa
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