Bruder eines Terrorverdächtigen
"Wir wollen, dass Salah sich stellt"
Seit den Anschlägen von Paris ist Salah Abdeslam auf der Flucht, der mutmaßliche Terrorist gilt als hochgefährlich. Sein Bruder appelliert jetzt an ihn, sich zu stellen: Die Familie ziehe es vor, ihn im Gefängnis zu sehen statt auf dem Friedhof.
Der Bruder des gesuchten Terrorverdächtigen Salah Abdeslam hat diesen aufgefordert, sich der Polizei zu stellen. "Wir wollen, dass Salah sich stellt", sagte Mohamed Abdeslam am Sonntag dem belgischen Fernsehen RTBF.
Er solle "seiner Familie und den Familien der Opfer und all den anderen Menschen" jene Antworten geben, "auf die wir warten." Zu der intensiven Fahndung der Polizei nach seinem Bruder sagte Mohamed Abdeslam: "Wir ziehen es vor, Salah im Gefängnis zu sehen statt auf dem Friedhof."
Die Brüder Abdeslam, die aus dem Brüsseler Stadtteil Molenbeek stammen, stehen in Verbindung zu den Terroranschlägen von Paris. Brahim Abdeslam hatte sich im Restaurant Comptoir Voltaire in die Luft gesprengt. Nach dem 26-jährigen Salah, der bei den Anschlägen beteiligt gewesen sein soll, wird gefahndet.
Mohamed Abdeslam (bei einer Gedenkfeier in Brüssel): Bruder mit Alibi
Foto: EMMANUEL DUNAND/ AFP
Mohamed selbst wurde in Molenbeek festgenommen, ist aber wieder auf freiem Fuß. "Ich konnte nachweisen, dass ich zum Zeitpunkt der Attentate nicht in Paris war", sagte Mohamed dem Sender. Seine Brüder hätten sich radikalisiert, ohne dass die Familie es bemerkt habe. (Lesen Sie hier eine Rekonstruktion der Terrornacht von Paris.)
Ein festgenommener Freund Salah Abdeslams, Hamza Attouh, soll ausgesagt haben, Abdeslam nach den Pariser Anschlägen in Brüssel abgesetzt zu haben. Er habe zudem berichtet, dass Salah Sprengstoff bei sich tragen könnte und dass er "sehr gefährlich und ganz schön wütend" gewesen sei. Das sagte Attouhs Anwältin dem Radio RTBF, berichtete die Nachrichtenagentur Belga.
Im Video: Anti-Terror-Einsatz in Brüssel
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In Brüssel sucht die Polizei seit Tagen gefährliche Terrorverdächtige, von denen Salah Abdeslam einer sein könnte. "Es gibt diese Gefahr", so Bernard Clerfayt im belgischen Rundfunk RTBF. "Wir haben erfahren, dass sich zwei Terroristen auf Brüsseler Territorium befinden und gefährliche Taten verüben könnten." In Brüssel steht das öffentliche Leben daher seit Samstag weitgehend still, in der Region und in der Stadt Vilvoorde gilt die höchste Terrorwarnstufe.
Alle U-Bahnen in Brüssel wurden gestoppt, Kaufhäuser, Museen, Kinos und das Wahrzeichen der Stadt, das Atomium, blieben geschlossen. Zahlreiche Großveranstaltungen in der Region wurden abgesagt.
Das Krisenzentrum kündigte eine Neubewertung der Lage an, für 17 Uhr wurde der nationale Sicherheitsrat aus Regierung und Experten einberufen.
Belgiens Regierungschef Charles Michel sprach am Samstag von "vergleichsweise präzisen Informationen" über mögliche Anschläge, wie sie in Paris verübt worden seien. Auch Außenminister Didier Reynders sprach von einer "präzisen und unmittelbaren Bedrohung". Berichte, Fahnder hätten bei Hausdurchsuchungen am Freitagabend neben Waffen auch Metro-Pläne der Stadt gefunden, kommentierte die Staatsanwaltschaft nicht.
Die Attentäter von Paris hatten enge Verbindungen nach Brüssel. Neben den Abdeslam-Brüdern lebte auch der mutmaßliche Drahtzieher Abdelhamid Abaaoud früher im Brüsseler Stadtteil Molenbeek, er soll in Belgien Verwandte haben. "Es kann eine oder mehrere Terrorzellen geben, die immer noch eine Gefahr darstellen", sagte der Terrorexperte André Jacob im belgischen Radio RTBF. "Das sind Belgier, die sich vor Ort sehr gut auskennen."
Ausnahmezustand in der belgischen Hauptstadt: Schwer bewaffnete Soldaten patrouillieren in der Rue Neuve, der beliebtesten Einkaufsstraße Brüssels.
Foto: Stephanie Lecocq/ dpa
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Ein Militärfahrzeug parkt vor dem Brüsseler Rathaus. Das öffentliche Leben in der Stadt ist quasi komplett zum Erliegen gekommen, seit die höchste Terrorwarnstufe gilt.
Foto: Stephanie Lecocq/ dpa
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Am Sonntag wurde bekannt, dass die Sicherheitskräfte offenbar von einer sehr konkreten Anschlagsgefahr ausgehen: Laut einem Brüsseler Bürgermeister werden zwei Terrorverdächtige gesucht.
Foto: Stephanie Lecocq/ dpa
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Polizisten checken Müllsäcke in der Nähe des historischen Marktplatzes Grand Place.
Foto: Stephanie Lecocq/ dpa
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Die Buden für den Weihnachtsmarkt sind schon aufgebaut, doch an fröhliches Glühweintrinken mag im Moment in Brüssel niemand denken.
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Viele Geschäfte haben geschlossen. Auch die großen Einkaufszentren sind zu. Statt Einkäufern bestimmen nun Soldaten das Stadtbild.
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Auch vor dem Brüsseler Hauptbahnhof stehen Militärfahrzeuge.
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Belgiens Premierminister Charles Michel sagte, es habe Hinweise auf Anschläge an verschiedenen Orten durch mehrere Personen gegeben, etwa auf Einkaufszentren oder den öffentlichen Nahverkehr.
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Um die Parkplätze in diesem Parkhaus in der Brüsseler Innenstadt reißen sich an anderen Wochenenden die Menschen.
Foto: Stephanie Lecocq/ dpa
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Auch in den Zügen zeigt die belgische Polizei Präsens.
Foto: Stephanie Lecocq/ dpa
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Der U-Bahnverkehr in der belgischen Hauptstadt wurde komplett eingestellt.
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Am Sonntag wurde bekannt, dass die Sicherheitskräfte offenbar von einer sehr konkreten Anschlagsgefahr ausgehen: Laut einem Brüsseler Bürgermeister werden zwei Terrorverdächtige gesucht.