Belgien König macht Regierungsbildung zur Chefsache

Vom König gebeten, weiter zu verhandeln: Sozialdemokrat Elio Di Rupo
Foto: FRANCOIS LENOIR/ REUTERSBrüssel - Der Chef der wallonischen Sozialdemokraten, Elio Di Rupo, kann noch immer keine tragfähige Regierungskoalition hinter sich versammeln. Das teilte der 59-Jährige am Mittwochabend dem belgischen mit. Einigkeit bestehe nur darin, dass alle Parteien ein Scheitern der Gespräche verhindern wollen, kommentieren belgische Medien.
Elio Di Rupo sagte nach dem mehrstündigen Gespräch mit dem König, dass er die derzeitige Situation für "eine der schwierigsten Situationen in der Geschichte des Landes" halte. Er selbst habe überlegt, als Verhandlungsführer aufzuhören. Der König habe ihn jedoch gebeten fortzufahren - und das mache er nun.
König führt Einzelgespräche
Fortgesetzt werden die Sondierungsgespräche, an denen die Vertreter von sieben belgischen Parteien teilnehmen, erst am Samstag. Bis dahin schaltet sich König Albert II selbst in die Regierungsbildung ein. Er werde mit den Vertretern der beteiligten Parteien Gespräche führen, gab das Staatsoberhaupt bekannt.
Dieser Schritt wird in den belgischen Zeitungen als Zeichen dafür gewertet, dass die Gespräche der vergangenen Woche eher ein Rückschlag waren. Offiziell sprach das Königshaus jedoch von "bedeutenden Fortschritten".
Das erste Gespräch führte der König bereits heute Morgen mit dem N-VA-Vorsitzenden Bart De Wever, dem zweiten Protagonisten in der Regierungsbildung. Der hat sich Medienberichten zufolge mittlerweile wieder mit Elio di Rupo versöhnt. Zuvor sollen beide heftig gestritten haben.
Streit zwischen Wallonen und Flamen prägt weiterhin die Gespräche
De Wever wertete es positiv, dass Di Rupo weiter verhandeln will. Er hoffe, dass nun die Möglichkeit geschaffen worden sei, die Debatte über mehr Autonomie für die Teilstaaten Belgiens fortzusetzen. Die Differenzen in diesem Punkt sind Hauptstreitpunkt in den Gesprächen. De Wever trat in der Vergangenheit bereits offen für Flandern als separaten Staat ein.
Belgien ist unterteilt in das niederländisch sprechende Flandern und das französischsprachige Wallonien, in dem es zudem eine deutschsprachige Minderheit gibt. In beiden Gebieten treten eigene Parteien an. Traditionell wird die Regierung aus den stärksten Parteien beider Teile gebildet.
Vergangene Woche war eine neue Gesprächsrunde gestartet worden. Doch vor allem bei der Frage, wie viel Autonomie dem wirtschaftlich besser bestellten Flandern zugestanden werden soll, gehen die Meinungen auseinander.
Die Parlamentswahlen hatten bereits im Juni stattgefunden, weil die alte Regierung zerbrochen war. Auch dabei ging es um den Streit zwischen den Bevölkerungsgruppen des Landes. Die Koalition konnte sich nicht auf eine Reform des Wahlkreises Brüssel einigen. Dieser Punkt wird auch ab Samstag wieder auf der Tagesordnung stehen.