Netanyahu trifft Trump Wahlkampf in Washington
Donald Trump und Benjamin Netanyahu haben vieles gemeinsam: Beide Regierungschefs haben seit Jahren Ärger mit der Justiz und stehen derzeit doch glänzend da: Der Mueller-Report hat Trump vorerst vom schwerwiegendsten Vorwurf - Absprachen mit Russland im Vorfeld der Präsidentschaftswahl 2016 - entlastet. Netanyahu droht gar eine Anklage wegen Bestechlichkeit, Veruntreuung und Betrug. Trotzdem hat er laut Umfragen beste Chancen, bei der Parlamentswahl am 9. April im Amt bestätigt zu werden.
Die beiden Staatsmänner, die sich am Montag im Weißen Haus treffen, haben also beide Anlass zu guter Laune. In Anwesenheit Netanyahus soll Trump am Montag das Dekret unterzeichnen, mit dem die USA formal die israelische Annexion der syrischen Golanhöhen anerkennen, die Israel seit 1967 besetzt. Dieser Schritt ist ein Wahlkampfgeschenk für Netanyahu. Der konservative Ministerpräsident hat seit Jahren in Washington dafür geworben.
In Israel selbst herrscht parteiübergreifend Einigkeit, dass eine Rückgabe des 1981 annektierten Gebiets an das von Iran und der libanesischen Hisbollah-Miliz unterstützte Regime von Syriens Präsident Baschar al-Assad keine realistische Option ist.
Auch international dürfte das hinter verschlossenen Türen so gesehen werden - obwohl EU und Bundesregierung den Vorstoß von US-Präsident Trump offiziell zurückgewiesen haben.
Mit der Anerkennung der israelischen Souveränität über den Golan erfüllt Trump bereits den dritten Punkt auf Netanyahus Wunschzettel: Zuvor hatte er 2017 Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt und im Mai 2018 die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt.
Kein ausländischer Regierungschef hat einen so guten Draht zu Trump wie Netanyahu - und Israel profitiert davon massiv. Das ist die Botschaft, die der israelische Premier zwei Wochen vor der Parlamentswahl setzen will.

Wahlplakat mit Trump und Netanyahu
Foto: AMMAR AWAD/ REUTERSUnd doch liegt ein Schatten über Netanyahus US-Reise: Denn sein Besuch fällt kürzer aus als ursprünglich geplant. Der Premier will bald wieder in Israel sein. Der Grund: In der Nacht zu Montag wurden sieben Israelis durch einen Raketenangriff nördlich von Tel Aviv verletzt. Die israelische Armee macht die in Gaza herrschende islamistische Hamas für die Attacke verantwortlich.
Die Miliz reagierte mit einem weichen Dementi: Die Hamas habe derzeit kein Interesse daran, Raketen auf Israel abzufeuern, und werde den Vorfall untersuchen, sagte ein Hamas-Vertreter der "Times of Israel". Nach übereinstimmenden israelischen Medienberichten hat das israelische Militär am Montagmorgen zwei Infanteriebrigaden und Panzertruppen mobilisiert und zur Verstärkung an die Grenze zum Gazastreifen geschickt.

Israelischer Soldat am Gazastreifen
Foto: AMIR COHEN/ REUTERSNetanyahus Büro erklärte, er werde unmittelbar nach seinem Treffen mit Trump nach Israel zurückreisen, "um die Einsätze aus der Nähe zu leiten". Damit entfallen das für Dienstag geplante gemeinsame Dinner der Familien Trump und Netanyahu sowie die Rede des israelischen Regierungschefs vor der proisraelischen Lobbygruppe Aipac.
Netanyahu ist momentan nicht nur Premier, sondern auch Verteidigungsminister des jüdischen Staates. Sein wichtigster politischer Gegner bei der Knessetwahl am 9. April ist Ex-Generalstabschef Benny Gantz . Dieser hat ein Bündnis mit seinen Vorgängern Mosche Ja'alon und Gabi Aschkenasi geschlossen. Die drei Generäle werben mit 117 Jahren Militärerfahrung. Angesichts dieser Herausforderung ist Netanyahu mehr denn je gezwungen, politische Entschlossenheit und militärische Stärke zu demonstrieren.

Benny Gantz
Foto: JACK GUEZ/ AFPDie Entscheidung über die nächsten Entwicklungen in Israel und Gaza liegt jedoch nicht allein bei Netanyahu. Eine mögliche Eskalation hängt maßgeblich vom Kalkül der Hamas ab. Die Islamisten, die seit 2007 diktatorisch in dem Küstenstreifen regieren, sehen sich seit Wochen immer heftigeren Protesten ausgesetzt. Tausende Palästinenser in Gaza werfen der Hamas bei Demonstrationen Misswirtschaft und Korruption vor. Die Sicherheitskräfte in Gaza gehen mit Gewalt gegen die Protestierenden vor.
Derart in die Ecke gedrängt, könnte die Hamas versucht sein, mit weiteren Raketenangriffen eine Militäroperation der israelischen Armee in Gaza zu provozieren. In der Vergangenheit stieg die Unterstützung für die Hamas immer dann, wenn Israel in Gaza Krieg führte. Die Islamisten könnten daher zum Schluss kommen, dass ihnen ausgerechnet eine israelische Offensive das Überleben sichert.