Trotz drohender Anklage Rechte Partner halten zu Israels Premier Netanyahu

Korruption, Betrug, Untreue: Israels Generalstaatsanwalt will Regierungschef Netanyahu anklagen. Seine ultrarechten und religiös-orthodoxen Koalitionspartner stört das nicht.
Benjamin Netanyahu

Benjamin Netanyahu

Foto: DPA

Trotz der geplanten Korruptionsanklagen gegen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu unterstützen ihn seine Koalitionspartner sowie andere rechtsorientierte Parteien weiterhin.

"Wie wir von Anfang an gesagt haben: Für Ministerpräsident Netanyahu gilt die Unschuldsvermutung so wie für jeden anderen Bürger im Land auch", teilte etwa die Partei Die Neue Rechte mit.

Auch die ultraorthodoxen Parteien Schas und Vereinigtes Thorajudentum so wie der ultrarechte Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman von der Partei Israel Beiteinu stellten sich hinter Netanyahu.

Laut einem Bericht der Nachrichtenseite "ynet" äußerte sich lediglich Finanzminister Mosche Kachlon von der zentristischen Kulanu-Partei zunächst nicht. Am 9. April finden in Israel Parlamentswahlen statt.

Israels Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit hatte am Donnerstag mitgeteilt, er wolle in drei Fällen gegen Netanyahu Anklage wegen Korruptionsvorwürfen erheben. Zuvor muss jedoch noch eine Anhörung Netanyahus erfolgen. In einem Fall sprach Mandelblit sich für eine Anklage wegen Bestechlichkeit sowie wegen Betrugs und Untreue aus, in zwei weiteren Fällen wegen Betrugs und Untreue.

Netanyahu sagte trotz der Anklageempfehlung, er strebe im April eine Wiederwahl an. Er wolle "noch lange Jahre" Israels Ministerpräsident bleiben. Der Politiker sprach von einer "Hexenjagd" gegen ihn und seine Familie und kündigte an, er werde alle Anklagepunkte widerlegen.

Zahlreiche Vorwürfe gegen Netanyahu seit 2007

Schon Anfang 2018 hatte die israelische Polizei nach gut einjährigen Ermittlungen eine Anklage gegen Netanyahu empfohlen. Unter anderem sollen Netanyahu und seine Familie zwischen 2007 bis 2016 Luxusgüter im Wert von insgesamt einer Million Schekel angenommen haben, umgerechnet rund 230.000 Euro.

Außerdem soll sich Netanyahu in einem Deal mit einem Medienmogul eine positivere Berichterstattung in der regierungskritischen Zeitung "Jediot Achronot" gesichert haben.

Der Regierungschef war auch in der Affäre um einen millionenschweren U-Boot-Deal mit Deutschland befragt worden, galt aber nicht als Verdächtiger.

Es wäre das erste Mal in Israels Geschichte, dass gegen einen amtierenden Regierungschef Anklage erhoben wird. Als Oppositionsführer hatte Netanyahu 2008 den damaligen Regierungschef Ehud Olmert zum Rücktritt gedrängt, als dieser unter Korruptionsverdacht stand.

Die Korruptionsvorwürfe hatten damals Olmerts politische Karriere beendet. Er trat 2008 schon vor einer Anklage gegen ihn zurück, blieb aber noch bis zu Neuwahlen im Frühjahr 2009 im Amt. Nach einer Verurteilung trat Olmert im Februar 2016 eine 19-monatige Haftstrafe an, kam allerdings drei Monate früher wieder auf freien Fuß.

Fände die Parlamentswahl schon jetzt statt, käme Netanyahus Block rechtsorientierter und religiöser Parteien weiterhin auf eine Mehrheit. Das geht aus jüngsten Umfragen hervor, die allerdings schon vor der Anklageentscheidung des Generalstaatsanwalts gemacht wurden.

cht/dpa
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