Bericht über Ex-Guantanamo-Häftling Vom Terrorknast in den Terrorkampf
Washington/Sanaa - Ein Ex-Häftling von Guantanamo Bay soll neuer Qaida-Chef im Jemen sein. Wie die "New York Times" unter Berufung auf eine anonyme Quelle berichtet, wird Said Ali al-Shihri verdächtigt, an einem Bombenattentat in der Hauptstadt Sanaa im September beteiligt gewesen zu sein.
Al-Qaida habe sich demnach im Internet mit dem Namen des Mannes gebrüstet, ein Mitglied einer amerikanischen Anti-Terror-Einheit habe die Angaben bestätigt. "Es ist derselbe Mann", zitierte die US-Zeitung diesen namentlich nicht genannten Zeugen.
Die Republikaner im US-Senat fühlen sich durch diese Entwicklung bestätigt. Sie kritisieren Barack Obamas Entscheidung, das Gefangenenlager Guantanamo Bay zu schließen - und warnen, die Ex-Häftlinge könnten neue Terroranschläge verüben.
Shihri wurde 2007 aus Guantanamo entlassen und durchlief ein Rehabilitationsprogramm in Saudi-Arabien. Die streng aufeinander abgestimmten Maßnahmen sollen verhindern, dass die Freigelassenen zu Terroristen werden. Die saudische Regierung rühmte sich bislang der Effektivität ihres Programms, keiner der Teilnehmer soll bislang wieder terroristische Aktivitäten aufgenommen haben. Laut "New York Times" ist die positive Bilanz nun aber getrübt. Shihri soll nach seiner Rehabilitation das Land verlassen und sich dem Terrornetzwerk im Jemen angeschlossen haben.
Bei dem Anschlag mit einer Autobombe im September starben 16 Menschen, darunter sechs der Angreifer. Al-Qaida bezeichnete einen gewissen "Abu Sayyaf al-Shihri" als ihren neuen Vize-Chef im Jemen und gab an, er sei "vor mehr als zehn Monaten" eingereist. Das deckt sich nach Angaben der US-Zeitung mit dem Einreisetermin des Ex-Guantanamo-Häftlings. "Abu Sayyaf" sei ein Kampfname, den Dschihadisten häufig an Stelle ihres Vornamens benutzen.
Knapp die Hälfte der noch in Guantanamo Inhaftierten sind Jemeniten. Die US-Regierung knüpft deren Heimkehr jedoch an Bedingungen: Unter anderem soll das Land ein Rehabilitationsprogramm nach dem Vorbild Saudi-Arabiens aufbauen - finanziell unterstützt von den Vereinigten Staaten.
Die "New York Times" zitierte ihren Informanten weiter: "Die Lektion ist, dass alle Ex-Häftlinge künftig genau im Auge behalten werden müssen." Das Verteidigungsministerium habe angegeben, dass Dutzende von ehemaligen Guantanamo-Insassen sich wieder Terrornetzwerken angeschlossen hätten. Dies zu überprüfen, sei aber schwierig, schreibt die Zeitung.
Bereits im vergangenen Frühjahr wurde der Fall des ehemaligen Häftlings Abdullah al-Adschmi bekannt. Der Kuwaiter gründete nach seiner Entlassung eine Familie und schien ein normales Leben zu führen. Doch dann verschwand er plötzlich - und riss bei einem Selbstmordattentat in der nordirakischen Stadt Mossul sechs Menschen mit in den Tod. Adschmi war fünf Jahre in Guantanamo Bay inhaftiert gewesen.