Unfreiwillig komisch: Verwirrter Berlusconi macht Werbung für politischen Gegner
Foto: DPAPaolo Micheli will Bürgermeister von Segrate werden. Die 34.000-Einwohner-Stadt liegt in der Lombardei, sie beherbergt die Zentrale des Mondadori-Verlags und eine kleine Moschee, ist ansonsten ein eher nüchterner Ort mit schnörkellosen Wohnblöcken und sachlicher Architektur.
Micheli kandidiert für das Mitte-Links-Bündnis "Unser Segrate". Am Freitagabend organisierten seine Mitstreiter ein Straßenfest im Zentrum - und bekamen unverhofft Besuch von jemandem, der politisch eigentlich auf der ganz anderen Seite steht: Ex-Premier Silvio Berlusconi.
"Wählt Paolo!", forderte der prominente Milliardär und Vorsitzende der populistischen und rechtskonservativen "Forza Italia" - sehr zur Überraschung der Anwesenden. Es habe, so berichtet Paolo Micheli später, mindestens fünf Minuten gebraucht, bis Berlusconi verstanden habe, dass er sich auf der falschen Wahlveranstaltung befinde.
"Es passierte gegen 23 Uhr", erzählte Micheli der Nachrichtenagentur Ansa. Berlusconis Entourage sei mit mehreren Autos vorgefahren, dann habe der berühmte Besucher mit einigen Jugendlichen gesprochen und sie gefragt, wie denn der Name des Kandidaten sei.
"Also am Sonntag nehmt ihr euch eine Stunde Zeit, um für Paolo zu wählen", spornte der 79-Jährige die jungen Leute an. Kurz darauf jedoch habe Berlusconi erkannt, "dass er auf dem falschen Fest war, auch, weil der Mitte-Rechts-Kandidat eine Frau ist".
Der Ex-Premier trollte sich, um so schnell wie möglich die von seiner Partei "Forza Italia" unterstützte Tecla Fraschini aufzusuchen, die nur 800 Meter weiter ihre Veranstaltung abhielt.
Ein unfreiwilliger Witz, der für viel Gelächter in den sozialen Netzwerken sorgte - und Berlusconi wie gewohnt in die Schlagzeilen brachte. Das kann er brauchen: Am morgigen Sonntag wird gewählt. 22 Millionen Italiener entscheiden über die Machtverteilung in sieben Regionen, außerdem werden in mehr als tausend Städten und Gemeinden die Bürgermeister gewählt. Die Chancen für "Forza Italia" sind mäßig: Bei Umfragen kam die Partei auf zwölf Prozent der Stimmen.
Doch auch Paolo Micheli profitierte: Er postete auf Facebook eine Collage, die Berlusconi als blinden Passagier im Werbe-Mobil der Bürgerbewegung zeigt. "Nach der Unterstützung durch den Cavaliere kann ich sagen, dass es vollbracht ist", twitterte er begeistert. Der Jungpolitiker erntete jede Menge Zuspruch und Aufmerksamkeit durch den unverhofften Auftritt des verwirrten Ex-Premiers.
Tatsächlich, gibt Micheli zu, sei der Veranstalter der Wahlveranstaltung nicht so leicht zu erkennen gewesen, denn das Ganze sei eher ein Straßenfest gewesen, "ohne Flaggen oder Parteisymbole".
Ein Kardinalfehler in Sachen Eigen-PR, der dem Cavaliere in dieser Form wohl nie unterlaufen wäre.
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So lieb ist Silvio Berlusconi: Auf seinem neuen Instagram-Account präsentiert sich der Skandalpolitiker kreuzbrav - hier mit Pudel Dudù.
Hier schießt Francesca Pascale (29 Jahre) ein Selfie mit ihrem Verlobten (78 Jahre). Gut möglich, dass die Selfie-Anhängerin den Berlusconi-Account befüllt, der schon 25.000 Abonnenten gewonnen hat.
Binnen einer Woche wurden knapp 90 Bilder gepostet - viele davon zeigen Berlusconi in seiner sagenumwobenen Villa in Arcore bei Mailand. Wo einst die berüchtigten Bunga-Bunga-Partys stattgefunden haben sollen, zeigt sich der Politiker nun höchst seriös.
Oft ist sehen, wie Berlusconi sich Notizen am Schreibtisch macht. "Arbeit für die Regionalwahlen", heißt es dann. Am Sonntag wird in sieben Regionen gewählt.
Deshalb sind auch viele Wahlkampfauftritte zu sehen. Gerne zeigt sich Berlusconi umrahmt von der Parteijugend - die Jugendlichen soll auch der Instagram-Account erreichen.
Für Berlusconis Forza Italia sieht es vor den Wahlen schlecht aus. In Umfragen liegt die einstige Regierungspartei nur noch bei zwölf Prozent. Der Instagram-Account soll bei der Wählermobilisierung helfen.
Samstagabend in Arcore: In der Villa, in der einst die Bunga-Bunga-Partys gefeiert worden sein sollen, geht es auf Instagram ganz zahm zu. Hier schaut Berlusconi die Übertragung des Eurovision Song Contest.
Eine Pizza in grün-weiß-rot: In Berlusconis Villa gibt es gern Essen in den Landesfarben.
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