Bettencourt-Spende Altskandal verdirbt Sarkozy die Libyen-Sause

Frankreichs Präsident Sarkozy: Geld von der Milliardärin Bettencourt?
Foto: Yoan Valat/ dpaEigentlich hatte er für diesen Tag fest mit Lobeshymnen gerechnet. Doch nun holt Nicolas Sarkozy am Tag, bevor er sich in Paris während der Internationalen Libyen-Konferenz als Sieger über den Tyrannen Gaddafi feiern lassen will, eine alte Skandalgeschichte wieder ein.
Ausgerechnet am Mittwoch soll nun das Enthüllungsbuch "Sarko m'a tuer" in die Buchhandlungen kommen - "Sarko hat mich umgebracht". Ein brisantes Detail ist die Behauptung einer Richterin, dass der Präsident während des letzten Wahlkampfs Geldgeschenke von der L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt angenommen habe. Eine Krankenschwester der 88 Jahre alten Milliardärin habe ihr dies berichtet.
Die Darstellung, vom Élysée umgehend dementiert, könnte Sarkozy neun Monate vor der Präsidentenwahl in große Schwierigkeiten bringen. Seine Nähe zum Geldadel der Nation ist zwar sattsam bekannt, aber als "Präsident der Reichen" im Fokus des Wahlkampfs zu stehen, dürfte seine Chancen nicht eben verbessern.
Das Buch der Journalisten Gérard Davet und Fabrice Lhomme versammelt die Darstellungen von rund 30 Persönlichkeiten, die sich als Opfer des Präsidenten bezeichnen. Vorab verbreitet in der Tageszeitung "Libération" und dem Magazin "L'Express", lässt das Werk eine Reihe von Schlüsselfiguren der "Affäre Bettencourt" zu Wort kommen - jenem Dauerskandal, der Frankreichs Öffentlichkeit und Politik im vergangenen Jahr über Monate in Atem hielt.
Spätfolgen eines bösen Familienzwists
Nicht überraschend: Es ging dabei um eine der reichsten Frauen Frankreichs, um einen schmutzigen Familienzwist, um Steuerhinterziehung sowie illegale Parteienfinanzierung, die den damaligen Budgetminister und Schatzmeister der Regierungspartei zum Rücktritt zwangen.
Und es ging um viel Geld.
Bei der Intrige, das jedes Hollywood-Drama in den Schatten stellte, trat die Tochter Françoise Bettencourt gegen den langjährigen Lebensgefährten ihrer Mutter an, der die alten Dame offenbar um Millionenwerte erleichtert hatte. Heimliche Tonbandmitschnitte des Butlers brachten die Finanzbehörden auf die Fährte von illegalen Auslandskonten - und plötzlich ging es auch um Briefumschläge mit Bargeld, die das Oberhaupt des Clans offenbar jahrelang an Politiker aller Couleur verteilt hatte.
Darunter, so hieß es damals schon, auch an Nicolas Sarkozy - ein Vorwurf, der vom amtierenden Präsidenten stets mit allem Nachdruck zurückgewiesen wurde. Hochglanz-Magazine erlaubten auf langen Bilderstrecken Einblick in die schaurig-schönen Lebensumstände des Geldadels. Trotz des Medienwirbels ging dem Skandal am Ende die Luft aus - die Justiz blockierte sich selbst mit einem Streit, welche Gerichte zuständig waren für den Fall oder wie man mit den abgehörten Journalisten-Telefonaten umgehen sollte. Das Verfahren wurde schließlich nach Bordeaux ausgelagert, weit weg von den TV-Kameras, und außerdem schlossen Tochter und Mutter einen - vorübergehenden - Burgfrieden. Der Fall schien abgewickelt.
Bis jetzt. Denn nun spricht die Richterin Isabelle Prévost-Desprez, die im Mittelpunkt der Ermittlungen stand, bis sie im Herbst vergangenen Jahres von ihren Aufgaben entbunden wurde. Das ganze sei ein politischer Schachzug auf Druck der Regierung gewesen, verkündete die Juristin via "Libération": "Dieser Prozess stellte für den Élysée eine große Gefahr dar."
Ermittlerin abgelöst, Zeugen unter Druck
Tatsächlich hatten auch die Zeugen offenbar große Angst: Die Krankenschwester, von der Prévost-Desprez berichtet, habe es damals nicht gewagt, ihre Beobachtungen zu Protokoll zu geben, sagt die Richterin jetzt. Die Pflegerin von Madame Bettencourt habe dies vielmehr erst nach der Anhörung der Gerichtsschreiberin anvertraut. "Ich konnte das nicht ins Protokoll aufnehmen lassen", soll die Krankenschwester gesagt haben.
Nach Angaben des Autoren-Duos wird diese Erklärung durch die Buchhalterin von Liliane Bettencourt bestätigt, die sich - offenbar auch aus Furcht vor den Konsequenzen einer belastenden Aussage über den Staatschef - auf eine vage Formulierung herausredete: Es hätte durchaus sein können, dass Sarkozy Geld erhalten habe, gab die Mitarbeiterin schließlich zu Protokoll.
Der Élysée reagierte umgehend. Es handele sich bei den angeblichen Enthüllungen um "skandalöse Unterstellungen, lügenhaft und ohne jede Grundlage", so die offizielle Reaktion. Zugleich ließen Sarkozy-nahe Politiker durchblicken, man müsse die Anschuldigungen als einen Racheakt der Richterin bezeichnen. Indessen prüft die Pariser Justiz offenbar, ob gegen Prévost-Desprez disziplinarrechtliche Schritte unternommen werden können.