Neues Kabinett in Großbritannien Hardliner und alte Weggefährten

Boris Johnson macht seine Ankündigungen wahr und besetzt seine Regierung mit prominenten EU-Kritikern. Die Ernennung von Dominic Raab zum Außenminister lässt erahnen, worauf sich Brüssel künftig einstellen muss.
Neuer britischer Außenminister Dominic Raab: Hauptsache raus der EU

Neuer britischer Außenminister Dominic Raab: Hauptsache raus der EU

Foto: Jeff J Mitchell/ Getty Images

Nach der Ernennung zum neuen Premierminister Großbritanniens zaudert Boris Johnson nicht bei der Zusammenstellung seines Kabinetts - und hat zahlreiche prominente EU-Kritiker zu Ministern berufen.

Künftig soll etwa der frühere Brexit-Minister Dominic Raab den Posten des Außenministers besetzen, teilte die britische Regierung mit. Für das Gesprächsklima in den Verhandlungen mit der EU bedeutet das nichts Gutes: Raab war im vergangenen November als Brexit-Minister zurückgetreten, weil er den Kurs von Theresa May in den Brexit-Verhandlungen als zu nachgiebig empfand.

Raab meldete sich kurz nach seiner Ernennung zu Wort: "Das Wichtigste ist, dass wir bis Ende Oktober aus der EU raus sind - vorzugsweise mit einem Abkommen." Man brauche Endgültigkeit bei den Verhandlungen.

Bereits kurz nach Johnsons Amtseinführung durch Königin Elizabeth II. waren erste Ernennungen bekannt geworden: Vize-Premierminister wird Michael Gove. Die frühere Entwicklungsministerin Priti Patel wird Innenministerin, die Brexit-Befürworterin war 2017 zurückgetreten. Zuvor war bekannt geworden, dass sie sich ohne Absprache im Israel-Urlaub mit Ministerpräsident Benjamin Netanyahu getroffen hatte.

Um die Zukunft des bisherigen Außenministers Jeremy Hunt hatte es zunächst Gerüchte gegeben. Nachdem er Johnson in der Wahl um die Parteiführung bei den Tories deutlich unterlegen war, soll Hunt von seinem Rivalen einem Bericht zufolge der Posten des Verteidigungsministers angeboten worden sein. Dies habe er jedoch abgelehnt - am Abend folgte die Entlassung durch Johnson. Der neue Verteidigungsminister: Ben Wallace.

Den Ex-Banker Sajid Javid ernannte Johnson zu seinem Finanzminister. Er war zuvor Innenminister gewesen. Die neue Handelsministerin heißt Liz Truss, Brexit-Minister bleibt Steve Barclay, Gesundheitsminister Matt Hancock.

Im Video: Boris Johnson hält erste Rede als Premierminister

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Etliche EU-freundlichere Minister und Staatssekretäre waren einem Rauswurf durch Johnson zuvorgekommen und hatten ihre Ämter zuvor selbst aufgegeben. Nach Finanzminister Philip Hammond, Justizminister David Gauke und Entwicklungshilfeminister Rory Stewart reichten am Mittwoch auch Vizepremier David Lidington, Verteidigungsministerin Penny Mordaunt, Wirtschaftsminister Greg Clark und Handelsminister Liam Fox ihren Rücktritt ein.

Glückwünsche aus Deutschland, Kritik aus Irland

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wünschte Johnson "eine glückliche Hand und viel Erfolg" zum Wohl Großbritanniens. EU-Ratspräsident Donald Tusk gratulierte dem Brexit-Hardliner im Namen des Europäischen Rates zur Ernennung. "Ich freue mich darauf, unsere Zusammenarbeit bei einem Treffen detailliert zu besprechen", teilte Tusk mit.

Weniger zuversichtlich äußerte sich dagegen der irische Premierminister Leo Varadkar. Er habe den Eindruck, dass Johnson plane, den Backstop mit Nordirland aufzuheben, um einen besseren Deal für Großbritannien zu erzielen. "Das wird nicht passieren", sagte Varadkar. (Lesen Sie hier, wie der Backstop eine harte Grenze zu Irland verhindern soll.)

fek/Reuters
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