Senatsabstimmung über Brett Kavanaugh Trump ist fast am Ziel

Brett Kavanaugh, Donald Trump
Foto: Jim Bourg/ REUTERS"Es ist der 87. Tag", sagt der Führer der Republikaner im US-Senat, Mitch McConnell, als er - deutlich angespannt - am Donnerstag dieser Woche vor die Kameras tritt. Damit habe der Nominierungsprozess von Brett Kavanaugh für den U.S. Supreme Court nun schon drei Wochen länger gedauert als bei den meisten anderen Kandidaten zuletzt. "Sagen Sie mir also nicht, wir hätten nicht genug Zeit darauf verwendet."
Erst 24 Stunden später kann McConnell aufatmen: Am Freitagnachmittag steht fest, dass die Republikaner wohl die notwendige Mehrheit zusammen haben, um den erzkonservativen Richter zu bestätigen. Zwar will mit Lisa Murkowski eine republikanische Senatorin aus Alaska mit Nein stimmen, doch die anderen Wackelkandidaten in den eigenen Reihen - Jeff Flake und Susan Collins - sind nach der Lektüre des umstrittenen FBI-Berichts bereit, Kavanaugh zu unterstützen. Hinzu kommt die Ja-Stimme des Demokraten Joe Manchin.
Damit dürfte an diesem Samstag ein Nominierungsprozess für den Obersten Gerichtshof zu Ende gehen, der jedem Beobachter die tiefe Spaltung der USA vor Augen führte.
Dabei ging es vor allem in den vergangenen Tagen weniger um Kavanaughs juristische Qualifikationen. Drei Frauen hatten dem Richter unter anderem Missbrauch und versuchte Vergewaltigung vorgeworfen. In einer Senatsanhörung sagte die Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford vor laufenden Kameras und einem Millionenpublikum aus. Kavanaugh verteidigte sich und wirkte dabei teilweise wütend und unkontrolliert - das führte unter anderem unter Juristen zu massiven Zweifeln an seiner Eignung für das Amt am Supreme Court.
Wie geht es in der Causa Kavanaugh weiter?
Mit einer ersten Abstimmung am Freitag hat der Senat mit 51 zu 49 Stimmen die Debatte über die Nominierung von Kavanaugh beendet. Nun steht noch die Abstimmung über Kavanaugh selbst aus: Um vom Senat bestätigt zu werden, braucht er mindestens 51 Stimmen. Die Republikaner verfügen über genauso viele Sitze im Senat.
Da Murkowski mit Nein, Manchin dafür aber mit Ja stimmen will, sieht es im Moment so aus, als ob die Republikaner ausreichend Stimmen zusammen haben, um Kavanaugh zu bestätigen. Sollte wider Erwarten doch noch ein Senator mit Nein stimmen und es am Ende 50 zu 50 stehen, könnte Vizepräsident Mike Pence als Präsident des Senats die Abstimmung entscheiden.

Senatorin Lisa Murkowski
Foto: Pablo Martinez Monsivais / APSollte der Senat Kavanaugh bestätigen, muss Präsident Trump ihn noch offiziell ernennen. Danach legt Kavanaugh zwei Eide ab - und ist dann auf Lebenszeit Richter am Obersten Gerichtshof. (Lesen Sie hier mehr über Brett Kavanaugh.)
Wie taktisch ist das Wahlverhalten der Senatoren?
Die anstehenden Midterm-Wahlen beeinflussen auch den Nominierungsprozess von Kavanaugh. Nicht nur, dass sowohl Demokraten als auch Republikaner die Debatte für ihre Wahlkämpfe nutzen - auch ein Drittel der Senatsplätze wird am 6. November neu gewählt. Für viele Senatoren bedeutet das, dass sie selbst um ihre Wiederwahl kämpfen.
Wie taktisch die Senatoren deshalb vorgehen, zeigt sich an den Beispielen der Demokraten Heidi Heitkamp aus North Dakota und Joe Manchin aus West Virginia. Beide müssen um ihre Wiederwahl bangen, ihre Staaten stimmten bei der letzten Präsidentschaftswahl für Trump.
Heitkamp hatte bislang signalisiert, dass sie bereit wäre, Kavanaugh zu unterstützen - wohl auch, um konservative Wähler für sich zu gewissen. Am Donnerstag allerdings die Wende: Neuesten Umfragen zufolge liegt Heitkamp zwölf Prozentpunkte hinter ihrem republikanischen Herausforderer zurück, die Chancen auf einen Sieg sind gering. Die Demokratin kündigte daraufhin an, ihrem Gewissen zu folgen und gegen Kavanaugh zu stimmen. Manchin hingegen hat noch Chancen auf einen Sieg im eher konservativen West Virginia - ein Nein zu Kavanaugh dürfte ihn allerdings wichtige Wählerstimmen kosten.

Senatorin Heidi Heitkamp
Foto: Alex Brandon/ APWas bedeutet die Kavanaugh-Entscheidung für Trump?
Donald Trump kann eine Entscheidung des Senats für seinen Kandidaten Kavanaugh eindeutig als großen Sieg feiern. Der umstrittene Richter wäre nach Neil Gorsuch bereits der zweite konservative Richter, den Trump im Obersten Gerichtshof platzieren kann. Für viele Republikaner ginge so ein alter Traum in Erfüllung: Im Supreme Court hätten die konservativen Richter damit eine Mehrheit von fünf zu vier Stimmen. Weil die Richter auf Lebenszeit ernannt werden, könnten sie so die Rechtsprechung in den USA auf Jahrzehnte in ihrem - konservativen - Sinne prägen.
Trump wird mit diesem Erfolg sicherlich in den kommenden Wochen bis zu den Midterm-Wahlen für sich und seine Politik werben - und er wird auf einen Schub für die Republikaner hoffen. Womöglich kann er auch noch ganz persönlich von der Kavanaugh-Personalie profitieren: Sollte es zum Beispiel im Zuge der Russlandermittlungen zu kniffligen rechtlichen Auseinandersetzungen über Trumps Immunität vor Strafverfolgung kommen, würde der Supreme Court als letzte Instanz entscheiden. Da kann es sicherlich nicht schaden, dass dort Richter sitzen, die ihre Berufung Trump zu verdanken haben - auch wenn Kavanaugh und Gorsuch natürlich stets ihre Unabhängigkeit betonen.

Protest gegen Kavanaugh in Seattle
Foto: Rebekah Welch/ APWelche Folgen hat die Nominierungsschlacht für die Demokraten?
Wut, Trauer, Entsetzen - das ist das vorherrschende Gefühl bei vielen Demokraten und bei den Vertretern der #MeToo-Bewegung. Sollte Kavanaugh nun tatsächlich durchkommen, ist das für sie alle eine schwere Niederlage. Alle wichtigen Institutionen in Washington werden dann von Trump und seinen Konservativen beherrscht: Das Weiße Haus, der Kongress und der Oberste Gerichtshof. Es gibt nur eine Hoffnung für die Opposition: Sie muss versuchen, den Frust und den Zorn über die Kavanaugh-Entscheidung für die Mobilisierung ihrer Wähler bei den Midterm-Wahlen zu nutzen.
Schon jetzt verzeichnen die Demokraten ein überdurchschnittlich starkes Engagement von Frauen auf ihrer Seite, die über den Macho Trump empört sind. Die Causa Kavanaugh könnte weitere Wählerinnen motivieren, am 6. November bei den Demokraten ihr Kreuz zu machen. Zudem werden die Demokraten für sich geltend machen, dass die allmächtigen Republikaner im Kongress nun erst recht ein politisches Gegengewicht brauchen. Eine Garantie, dass dieses Argument ausreichend Wähler überzeugt, gibt es aber nicht. Denkbar wäre auch, dass die Demokraten und ihre Anhänger in eine kollektive Depression verfallen - und am 6. November zu Hause bleiben.
Sollten die Demokraten bei der Wahl allerdings die Mehrheit im Repräsentantenhaus übernehmen, könnte zumindest eine Frage der vergangenen Tage geklärt werden: Ob und welche Absprachen es zwischen dem Weißen Haus und dem FBI gab. Die Demokraten haben bereits angekündigt, im Falle einer Machtübernahme die Herausgabe der entsprechenden Dokumente zu beantragen.