May vor weiterer Brexit-Debatte im Unterhaus Warten, warnen, wanken

Das britische Parlamentsgebäude in London
Foto: Jack Taylor / Getty ImagesZwei Mal lehnten die Abgeordneten des britischen Unterhauses in London das von Premierministerin Theresa May ausgehandelte EU-Austrittsabkommen ab. Nun versuchen sie auf eigene Faust eine Ersatzlösung für das Brexit-Abkommen zu finden.
Geplant sind "indicative votes" - richtungsweisende Abstimmungen, mit denen ausgelotet werden soll, für welche Alternative es eine Mehrheit gibt. Der genaue Ablauf der Abstimmungen war zunächst nicht bekannt.
Die Debatte soll am Nachmittag (ab 16 Uhr MEZ) beginnen, über die ausgewählten Alternativvorschläge wird dann am Abend abgestimmt (ab etwa 20 Uhr). Das Ergebnis dürfte wahrscheinlich erst gegen 23 Uhr vorliegen. Am kommenden Montag könnte es dann in eine zweite Runde gehen.
Eigentlich hätte Großbritannien in zwei Tagen die Europäische Union verlassen sollen. Der 29. März war der offizielle Brexit-Termin. Doch schon länger ist klar, dass dieser Termin nicht zu halten ist. Die EU hat den Briten mehr Zeit in Aussicht gestellt.
Nun will also das Parlament die Kontrolle übernehmen und eigene Vorschläge ausloten, um für einen möglichen Durchbruch im Brexit-Drama zu sorgen.
Als Optionen für die Abstimmung am Nachmittag werden verschiedene Varianten einer engeren Anbindung an die Europäische Union gehandelt: unter anderem eine Mitgliedschaft in der Zollunion oder ein Modell nach dem Vorbild Norwegens, das zwar zum Binnenmarkt, nicht aber zur Zollunion gehört. Auch radikalere Vorschläge wie ein zweites Referendum, eine Abkehr vom Brexit durch Zurückziehen der Austrittserklärung oder ein Austritt ohne Abkommen sind im Gespräch (einen Überblick zu den Szenarien finden Sie hier).

Der EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber mahnt die Europäer achtzugeben, "dass das Brexit-Chaos nicht ganz Europa ansteckt". Die Europawahl Ende Mai dürfe auf keinen Fall gefährdet werden, sagt der CSU-Politiker den Partner-Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft. Notfalls werde die EU auch einen harten Brexit - ohne Austrittsabkommen - in Kauf nehmen. Man solle sich nicht auf die Gutmütigkeit Europas verlassen. "Manchen bei uns könnte irgendwann der Geduldsfaden reißen."
Die Befürworter eines zweiten Referendums zeigten sich skeptisch, ob die Volksabstimmung auch zu den Optionen zählen sollte. Dahinter steckt wohl die Befürchtung, eine Ablehnung könnte dem Vorhaben verfrüht den Garaus machen. Spräche sich das Parlament für einen der Vorschläge aus, wäre das rechtlich nicht bindend, aber für May schwer zu ignorieren
Tritt May zurück?
Die Regierungschefin versucht derweil, ihren Deal doch noch zu retten. Sie wird am Abend (18 Uhr) zu einem Auftritt vor einem einflussreichen Komitee ihrer Konservativen Partei erwartet. Medienberichten zufolge soll sie dort aufgefordert werden, ihren Rücktritt bis zum Herbst in Aussicht zu stellen - quasi als Preis für die Unterstützung ihres Abkommens.
Prominente Gegner Mays wie Ex-Außenminister Boris Johnson und der erzkonservative Tory-Abgeordnete Jacob Rees-Mogg signalisierten, dass sie das Abkommen unter Umständen doch noch unterstützen könnten. Unklar war zunächst, ob May auch auf die Verbündeten von der nordirischen DUP wird zählen können.
Brüssel bot London kürzlich eine Verschiebung des Brexits bis zum 22. Mai an. Bedingung dafür ist allerdings, dass das Unterhaus in dieser Woche dem Austrittsvertrag zustimmt. Andernfalls gilt die Verlängerung nur bis zum 12. April. In dem Fall soll London vor diesem Termin sagen, wie es weitergehen soll.
Sollte Großbritannien ohne Abkommen aus der EU ausscheiden, wird mit dramatischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche gerechnet.