Britische Premierministerin May über EU-Austritt "Jetzt kann es kein Zurück mehr geben"
Neun Monate nach dem Brexit-Referendum hat die britische Regierung offiziell den Austritt aus der Europäischen Union beantragt. Der britische EU-Botschafter Tim Barrow übergab am Mittwoch in Brüssel ein entsprechendes Schreiben an EU-Ratspräsident Donald Tusk. Damit läuft eine zweijährige Frist, in der beide Seiten die Brexit-Bedingungen aushandeln.
Ratspräsident Tusk veröffentlichte am Mittwoch auf Twitter ein Foto der Übergabe. In einer weiteren Nachricht schrieb er: "Nach neun Monaten hat Großbritannien geliefert."
The Article 50 letter. #Brexit pic.twitter.com/SO5R5BTvhw
— Charles Michel (@eucopresident) March 29, 2017
In einer Rede vor dem britischen Parlament sagte Premierministerin Theresa May: "Dies ist ein historischer Moment, jetzt kann es kein Zurück mehr geben." Sie sei sicher: "Die besten Tage liegen noch vor uns."
Mit ihrem Antrag aktivierten die Briten Artikel 50 der Lissabon-Verträge - und machten damit den Weg frei für die zweijährige Verhandlungen, in denen die Verflechtungen zwischen Großbritannien und der EU gelöst werden müssen. Mehr als 20.000 Gesetze und Regeln sind davon betroffen. Im März 2019 endet dann voraussichtlich die EU-Mitgliedschaft Großbritanniens.
Die übrigen 27 Länder wollen ihre Verhandlungsposition bei einem Sondergipfel am 29. April festzurren. Bis Herbst 2018 sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein, damit das Abkommen noch rechtzeitig ratifiziert werden kann. Auf EU-Seite müssen das Europaparlament und der Rat ihre Zustimmung geben. May will den Vertrag auch dem britischen Parlament vorlegen. Nachverhandlungen auf Wunsch der britischen Abgeordneten soll es aber nicht geben.
"Wir verlassen nicht Europa"
May rief in London ihre Landsleute zu Zusammenhalt auf. Der Brexit sei die "Gelegenheit, eine hellere Zukunft für unser Jugend zu schaffen. Ich möchte, dass Großbritannien stärker, fairer und geschlossener als je zuvor dasteht." An die bisherigen Partner gerichtet betonte die Premierministerin: "Wir verlassen die EU, aber nicht Europa." Und: "Unsere Entscheidung, die EU zu verlassen, heißt nicht, dass wir die Werte der EU nicht mehr teilen. Wir unterstützen diese Werte. Wir werden sichere Alliierte und Partner bleiben."
May äußerte sich auch zu den kritischen Punkten der anstehenden Verhandlungen mit der EU. Zum Thema Einwanderung sagte sie: "Wir werden Immigration steuern, damit wir die besten anziehen." Die Regierung werde sich jedoch auch bemühen, schnellstmöglich den Status der in Großbritannien lebenden EU-Bürger zu klären.
May kündigte ein "mutiges, großes Freihandelsabkommen mit der EU" an. Aber so wichtig der Handel mit der EU sei - man müsse auch die Partnerschaft mit anderen Ländern verbessern. "Wir wissen, dass der Brexit Folgen haben wird, auch im wirtschaftlichen Bereich. Aber wir haben die Möglichkeit, in Übersee-Märkten aktiv zu werden."
Der Brexit habe "Gräben aufgerissen", sagte May. "Für die einen ist es ein Tag des Feierns, für die anderen der Trauer."
Bundesregierung: Großbritannien bleibt Partner
Die Bundesregierung betonte am Mittwoch die Zusammenarbeit mit Großbritannien. "Wir sollten nicht vergessen, dass das Vereinigte Königreich ein Partner bleibt", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer in Berlin.
Auf die nun anstehenden Verhandlungen sei die Bundesregierung "gut vorbereitet", sagte Demmer. "Mit dem britischen Schreiben werden wir mehr Klarheit bekommen, wie die britische Seite sich den Weg vorstellt."
Außenamtssprecher Martin Schäfer verwies auf die großen Herausforderungen bei den auf zwei Jahre begrenzten Brexit-Verhandlungen. "Der Zeitplan ist verdammt eng, das wissen alle Beteiligten", sagte Schäfer.
Es gebe "unzählig viele Dinge", die in diesem Scheidungsverfahren geklärt werden müssten, um Unsicherheiten auf beiden Seiten des Ärmelkanals zu vermeiden, sagte der Sprecher.
Unsicherheit sei "Gift" für betroffene Menschen und für die wirtschaftlichen Beziehungen. "Manchmal fragt man sich, ob das in London wirklich begriffen worden ist, welche Folgen das hat für die britische Wirtschaft", sagte Schäfer.