Brexit Labour-Chef Corbyn kündigt Vertrauensabstimmung gegen May an

Großbritanniens Premierministerin May muss sich offenbar erneut einem Misstrauensantrag stellen. Nach der Abstimmung in der eigenen Partei will nun Labour-Chef Corbyn das Parlament über ihre Zukunft entscheiden lassen.
Jeremy Corbyn

Jeremy Corbyn

Foto: Pedro Rocha/ AP

Der Chef der britischen Labour-Opposition, Jeremy Corbyn, hat eine Vertrauensabstimmung gegen Premierministerin Theresa May im Parlament angekündigt. Stürzen kann die Opposition May durch das vorgesehene Verfahren Berichten zufolge aber nicht.

Grund für den Schritt sei die Weigerung der Premierministerin, das Parlament noch vor Weihnachten über ihren Brexit-Deal abstimmen zu lassen, sagte Corbyn am Abend im Parlament. May hatte zuvor angekündigt, die Abstimmung solle erst in der dritten Januarwoche stattfinden. Corbyn wolle einen Antrag einbringen, dass das Parlament kein Vertrauen mehr in die Premierministerin habe und umgehend eine Abstimmung über den Brexit-Vertrag abhalten solle.

Nach britischem Recht müsste ein Misstrauensantrag gegen die komplette Regierung gestellt werden, damit über Corbyns Antrag abgestimmt werden kann. Ein Misstrauensantrag gegen einen Regierungschef hat nur symbolischen Charakter und keine verfahrensrechtliche Konsequenzen. Wann es zu einer Abstimmung kommen könnte, ist noch unklar.

Theresa May

Theresa May

Foto: LUDOVIC MARIN/ AFP

Das von Labour angedrohte Verfahren ist Medienberichten zufolge somit nicht dazu vorgesehen, die Regierung zu stürzen. Es wäre aber eine Bloßstellung für die angeschlagene Premierministerin. Die Opposition wäre dabei auf die Hilfe von Rebellen aus der Regierungsfraktion oder aus der nordirischen DUP angewiesen, die Mays Minderheitsregierung stützt.

Die Regierungschefin hatte vergangene Woche die Abstimmung über das mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen kurzfristig verschoben, weil sich eine sichere Niederlage andeutete. Tags darauf musste sie sich einer Vertrauensabstimmung in ihrer konservativen Fraktion stellen, die sie überstand. Jedoch sprachen ihr mehr als ein Drittel ihrer konservativen Parteifreunde dabei das Misstrauen aus.

Absage an zweites Referendum

Vor den Abgeordneten des Unterhauses schloss May am Abend ein zweites Referendum über den EU-Austritt des Landes aus. Es gebe nur drei Optionen, sagte sie: Ein Brexit mit dem von ihr ausgehandelten Abkommen, einen ungeregelten Austritt oder gar keinen. "Es ist nur möglich, einen harten Brexit zu vermeiden, indem wir ein Abkommen erreichen oder indem wir den Brexit ganz aufgeben", sagte May.

Die Labour-Opposition forderte hingegen eine Abstimmung noch in dieser Woche. Sie warf May vor, mit der Abstimmung über den Brexit-Deal erst im Januar das Parlament unter Zeitdruck zu setzen und ihren Gegnern die Schuld für den drohenden ungeordneten Brexit zuschieben zu wollen.

Den Briten bleiben nur noch gut 100 Tage bis zum geplanten Austrittstermin am 29. März, dessen Verschiebung zahlreiche Abgeordnete forderten. May lehnte auch dies ab. Sie räumte ein, die vorliegende Vereinbarung mit der EU sei nicht perfekt. Wenn Großbritannien aber die perfekte Lösung anstrebe, riskiere das Land einen Austritt ohne Deal.

Video: Die seltsamen Rituale des britischen Parlaments

SPIEGEL ONLINE
mho/dpa/Reuters
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