Britischer Außenminister Hunt will in Berlin für Entgegenkommen bei Brexit werben

"Auf uns allen liegt eine schwere Verantwortung": Der britische Außenminister besucht Berlin - und nimmt bei den Brexit-Verhandlungen auch Deutschland in die Pflicht. Derweil reist Theresa May erneut nach Brüssel.
Jeremy Hunt

Jeremy Hunt

Foto: Toby Melville/ REUTERS

Es wird ein geschäftiger Tag für Jeremy Hunt in Berlin: Der britische Außenminister will am Mittwoch unter anderem Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer treffen, wie sein Büro mitteilte. Außerdem wird er vor der Konrad-Adenauer-Stiftung eine Rede halten - und laut vorab veröffentlichtem Text warnen, ein EU-Austritt seines Landes ohne Abkommen wäre wirtschaftlich wie politisch "höchst schädlich".

Hunt nimmt laut dem Manuskript auch Deutschland und die anderen EU-Staaten in die Pflicht: In den entscheidenden kommenden Wochen werde es nicht ausreichen, abzuwarten und zu hoffen, "dass der Brexit sich von selbst löst", heißt es in dem Redetext. "Wir alle müssen tun, was wir können, um sicherzustellen, dass ein solches Abkommen erzielt wird."

"Auf uns allen liegt eine schwere Verantwortung", heißt es in der Rede weiter. Historiker sollten sich nicht künftig die Frage stellen müssen, warum es Europa nicht gelungen sei, "einen freundschaftlichen Wandel in seinen Beziehungen zu Großbritannien zu erzielen". Großbritannien sei für die EU nicht einfach nur ein "Partner", sondern ein "Freund und Verbündeter".

Gerade erst war bekanntgeworden, dass Hunt am 7. Februar einen Brandbrief an Maas verfasst hatte: Darin attackiert er die Bundesregierung wegen des Waffenembargos gegen Saudi-Arabien und wirft Berlin mangelnde Bündnistreue vor. Da deutsche Bauteile für Kampfjets oder Raketen nicht mehr nach Saudi-Arabien geliefert werden dürfen, könnten britische Unternehmen ihre Verträge nicht erfüllen (mehr dazu erfahren Sie hier).

Parallel zu Hunts Berlin-Besuch reist die britische Premierministerin Theresa May auf der Suche nach einem Durchbruch in den festgefahrenen Brexit-Gesprächen am Mittwoch erneut nach Brüssel. Dort trifft sie am Abend EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Der britische EU-Ausstieg ist für den 29. März geplant. Ein zwischen May und den übrigen 27 EU-Staaten vereinbartes Austrittsabkommen stößt im Parlament in London allerdings auf heftigen Widerstand.

Umstritten ist vor allem der darin vorgesehene sogenannte Backstop. Er bezeichnet die Garantie für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland. Vorgesehen ist dabei, dass Großbritannien solange in der Europäischen Zollunion bleibt, bis das Problem anderweitig gelöst ist. Brexit-Hardliner fürchten aber, die Regelung könnte das Land dauerhaft eng an die EU binden und eine eigenständige Handelspolitik unterbinden (mehr zum Backstop erfahren Sie hier).

Ohne Einigung droht Ende März ein "harter Brexit" ohne Abkommen - mit weitreichenden Folgen für Bürger und Wirtschaft. Der britische Finanzminister Philip Hammond sagte am Dienstag, ein No-Deal-Brexit wäre für die EU und Großbritannien "gleichermaßen ein Unglück". Die dringlichste Aufgabe sei es nun, ein Abkommen zu erzielen, "das unsere Handelsbeziehungen mit der EU schützt".

Achtes Labour-Mitglied verlässt die Partei

Am Montag hatten sieben Abgeordnete der oppositionellen Labour-Partei ihren Austritt erklärt und dies mit der Brexit-Politik von Parteichef Jeremy Corbyn sowie dem Umgang mit antisemitischen Tendenzen begründet. Am späten Dienstagabend erklärte nun mit Joan Ryan ein achtes Parteimitglied den Ausstieg. Sie sei seit vier Jahrzehnten bei Labour, schrieb die Politikerin . Doch unter Corbyn sei die Partei mit einem nie dagewesenen "anti-jüdischen Rassismus" infiziert worden. Ryan wird nun eigenen Angaben zufolge im Parlament in der "Unabhängigen Gruppe" vertreten sein.

aar/AFP/dpa
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