Großbritannien Regierung hat Brexit-Verschiebung in Brüssel beantragt

Boris Johnson am Samstag im Unterhaus
Foto: UK Parliament/Jessica Taylor/Reuters
Boris Johnson am Samstag im Unterhaus
Foto: UK Parliament/Jessica Taylor/ReutersLondon hat im Namen von Premier Boris Johnson noch am Samstagabend in einem Brief eine Brexit-Verschiebung bei der EU beantragt. Das teilte EU-Ratschef Donald Tusk in einem Tweet mit. Er werde nun damit beginnen, sich mit den EU-Staatschefs über eine Reaktion auszutauschen, schrieb Tusk.
Johnson hatte zuvor eine Niederlage im britischen Unterhaus verkraften müssen. Das britische Parlament hatte einem Antrag des Abgeordneten Oliver Letwin zugestimmt, wonach erst ein Ratifizierungsgesetz verabschiedet werden muss, ehe über das von Johnson ausgehandelte Austrittsabkommen entschieden werden kann. (Lesen Sie hier alle Entwicklungen des Tages im Newsblog.)
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Johnson plant eigentlich, Großbritannien schon am 31. Oktober aus der EU zu führen. Er wolle sich auch weiter für einen Austritt Ende Oktober einsetzen, sagte Johnson nach der Zustimmung des Parlament zu Letwins Antrag. Zu der Bitte um Fristverlängerung bis zum 31. Januar ist er jedoch per Gesetz verpflichtet.
Nach dem Rückschlag im Unterhaus sagte Johnson, er sei weder eingeschüchtert noch schockiert. Britischen Medienberichten zufolge schrieb er an die Parlamentarier in London am Abend einen Brief. Darin bezeichnete er eine weitere Verzögerung des Brexits als "keine Lösung".
Die Geduld der EU-Kommission ist nach der neuerlichen Verzögerung indes weiter strapaziert. "Die britische Regierung sollte uns so schnell wie möglich über ihre nächsten Schritte informieren", erklärte eine Sprecherin von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. (Lesen Sie hier mehr zu den Reaktionen aus Brüssel.)
Die 27 verbleibenden EU-Staaten wollen am Sonntag ab 9:30 Uhr beraten, wie es weiter geht. Sollte eine Verschiebung des Brexit-Termins 31. Oktober beantragt werden, werde die EU diesen konstruktiv prüfen.
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"Kein Brexit ist (i)deal": Während Boris Johnson versucht, das britische Parlament von seinem Brexit-Abkommen zu überzeugen, demonstrieren Zehntausende gegen die Vereinbarungen.
Sowohl Brexit-Gegner als auch Befürworter wettern gegen den Deal. Die Proteste zeigen, wie tief das Land gespalten ist.
Die eine ist für den Brexit, die andere dagegen: Zwei Frauen streiten sich auf dem Parliament Square, eine Polizistin fungiert als Schlichterin.
Die Karikaturen zeigen wichtige Player der Abstimmung: Oppositionsführer Jeremy Corbyn (links) und Premier Boris Johnson. Vor den Verhandlungen wurde vermutet, Corbyn werde sich gegen das Abkommen stellen, um vielleicht selbst Premier zu werden.
"Der Deal ist schlecht, Brexit ist schlecht": Doch die Entscheidung vom Samstag wurde verschoben. Der ehemals konservative Abgeordnete Oliver Letwin hat einen Änderungsantrag eingebracht.
Demnach müsste das Parlament vor einem Votum über die EU-Ausstiegsvereinbarung erst formell den Gesetzesvorschlag zur Umsetzung dieses Brexit-Vertrags verabschieden.
Er ist für den Brexit: Die Briten nennen die Abstimmung bereits den "Super Saturday". Dass sich das Parlament an einem Samstag trifft, ist eine absolute Seltenheit und zeigt die historische Bedeutung der Entscheidung.
Die letzte offizielle Samstag-Setzung fand 1982 statt. Damals ging es um den argentinischen Angriff auf die Falkland-Inseln.
Einige der Hunderttausenden Demonstranten geben offenbar Dominic Cummings die Schuld, dass es überhaupt zum Brexit kam. Der Politikberater ist Johnsons Chefstratege.
Offiziell ist Johnson nun verpflichtet, einen Antrag auf Verlängerung der am 31. Oktober auslaufenden Brexit-Frist in Brüssel zu beantragen. Er hält jedoch an dem Datum fest und hat angekündigt, in der kommenden Woche einen Gesetzentwurf vorzulegen.