Teurer Brexit
Royals verlieren Millionen Euro an Agrarsubventionen
Durch den EU-Austritt fallen Großbritannien mehrere Milliarden Euro an Agrarhilfen weg. Von denen profitierten die Royals um Elizabeth II. bislang auch persönlich.
Hat gut Lachen, denn noch zahlt Brüssel die Subventionen an ihr Königreich: Queen Elizabeth II.
Foto: Chris Jackson / AP
Queen Elizabeth II. ist keine Freundin des Brexits - das steht fest, auch wenn sie sich nicht politisch äußern darf. Als sie in ihrer als "Europa-Outfit" bekanntgewordenen, blau-gelben Mantel-Hut-Kombination die Brexit-Pläne ihrer Regierung verlas, wurde dies 2017 als größtmöglicher Wink in Richtung Brüssel gewertet.
Mit dem EU-Austritt verlieren die Briten nicht nur den Zugang zum europäischen Binnenmarkt und sind nicht mehr Teil des Friedensprojekts Europäische Union, es fließen künftig auch keine milliardenhohen Subventionen mehr auf die Insel. Und von denen profitiert auch die Queen persönlich. Pro Jahr erhalten ihre landwirtschaftlichen Betriebe Millionen aus EU-Töpfen. Durch EU-Austritt des Königreichs werden diese Quellen versiegen.
Allein für ihr Anwesen Sandringham erhielt die Monarchin in den vergangenen fünf Jahren insgesamt über drei Millionen Pfund (etwa 3,3 Millionen Euro) an Zuschüssen. Die Tendenz war dabei stark steigend: Im Jahr 2019 flossen mit über 900.000 Pfund rund 55 Prozent mehr dorthin als noch im Vorjahr, berechnete der Royal-Experte David McClure.
Die Queen bei einem Sommerfest in Sandringham: Architektonisch unscheinbar, aber das Schloss hatte seiner Zeit voraus Gasbeleuchtung und fließendes Wasser
Foto: Adrian Dennis / WPA / Getty Images
Und anders als die meisten royalen Immobilien ist Sandringham tatsächlich im Privatbesitz der Monarchin; sie erbte es mit dem Tod ihres Vaters George VI. im Jahr 1952. Die königliche Familie feiert dort traditionell Weihnachten, die Queen nutzt das Anwesen außerdem zur Vogeljagd. Die Inneneinrichtung besteht unter anderem aus über Jahrhunderte zusammengesammelten Antiquitäten, unter anderem handbemalten Tapeten, ein Geschenk des ehemaligen spanischen Königs Alfons XII.
"Der wahre Wert der Königin"
McClure beschreibt in seinem jüngst erschienenen Buch "The Queen’s true Worth" – "Der wahre Wert der Königin" – wie sich das 8000-Hektar große Anwesen in der ostenglischen Grafschaft Norfolk vom finanziellen Sorgenkind zum Vorzeigeobjekt mauserte.
Dazu sollen laut McClure weniger die durch den königlichen Gatten Prinz Philip angestoßenen Umstrukturierungen beigetragen haben, sondern vor allem der EU-Beitritt Großbritanniens im Jahr 1973. Infolgedessen nämlich konnten die Royals für das Anwesen die lukrativen Agrarzulagen beziehen. Philip hatte zuvor eine Vielzahl kleiner Betriebe zu wirtschaftlicheren Großbetrieben formiert.
Weitere Geldgeschenke aus Brüssel konnte Thronfolger Charles in den folgenden Jahren akquirieren, als er die Ländereien - unter anderem die extrem lukrative "Duchy of Cornwall", aus der Charles und seine Familie inklusive Sohn William und Schwiegertochter Kate ihren Unterhalt beziehen - auf eine ökologische Bewirtschaftung umstellte. Dafür soll der bekennende Naturfreund weitere 300 Millionen Pfund Subventionen aus einem Fonds für "ländliche Entwicklungsprojekte" erhalten haben, schreibt der Autor. Bis Juli will Charles demnach die Farmen komplett biologisch betreiben, wobei der Dung von 500 neu angesiedelten Rindern chemische Mittel ersetzen soll.
Bekennender Bio-Bauer Prinz Charles
Foto: Kirsty Wigglesworth / REUTERS
Was gehört der Queen - und was nicht?
Sprichwörtlich "reich wie die Königin von England" zu sein bedeutet, über etwa 385 Millionen Pfund Privatvermögen zu verfügen. Die genaue Bezifferung fällt selbst Experten schwer, denn erstens unterliegen die Royals anderen Veröffentlichungspflichten als nicht-königliche Personen und Körperschaften, und zweitens ist die Grenze zwischen ihrem Privatvermögen und dem Besitz der Krone kompliziert. Über Letzteres verfügt die Königin zwar in ihrer Rolle als Monarchin, darf Bestandteile dieses "Crown Estates" jedoch weder verkaufen noch Erträge aus Vermietung und Verpachtung behalten.
Zu diesem Krongut gehören Schlösser, ganze Londoner Straßenzüge und die Hälfte der britischen Küste samt Meeresboden bis zwölf Meilen davor. Bekannte Vermögensteile sind Schloss Windsor, wo sich die Queen während der Corona-Krise aufhält und zuweilen im Garten reitet, sowie der Buckingham Palast in London, in dessen großen Grünanlagen Premier Boris Johnson während der Pandemie sein Sportprogramm absolviert.
Die Queen wird die versiegenden Quellen aus Brüssel verkraften können - zumal sich einige der alten Ländereien und Immobilien dank Brüsseler Zuschüssen nun in einem deutlich besseren Zustand befinden als noch vor wenigen Jahrzehnten. Für die britischen Landwirte hingegen fallen die EU-Fördergelder mit dem Brexit weg. Für die rund drei Milliarden Euro an ausbleibenden Agrarsubventionen will vorerst die britische Regierung aufkommen. So soll es zumindest bis 2021 zu keinem Finanzierungseinbruch für die Bauern kommen. Sie könnten dann "prosperieren", kündigte der mittlerweile ausgeschiedene Finanzminister Sajid Javid kurz vor dem Austritt an. Und das Land - das in der EU ein Nettozahler war - könne besser über seine Mittel verfügen.
Die Königin dürfte bei ihrer unausgesprochenen Meinung bleiben - und trotz aller Kompensationen keine Freundin des Brexits werden. Denn es geht schließlich um mehr als nur Subventionen.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Hat gut Lachen, denn noch zahlt Brüssel die Subventionen an ihr Königreich: Queen Elizabeth II.
Foto: Chris Jackson / AP
Die Queen bei einem Sommerfest in Sandringham: Architektonisch unscheinbar, aber das Schloss hatte seiner Zeit voraus Gasbeleuchtung und fließendes Wasser