Brexit-Verhandlungen in Paris und Berlin Schwache May auf Betteltour

Theresa May reist am Dienstag nach Berlin und Paris, am Mittwoch nach Brüssel
Foto: Dan Kitwood/ Getty ImagesWieder einmal reist Theresa May durch Europa. Am Dienstag nach Berlin und Paris, am Mittwoch nach Brüssel. Wieder einmal kämpft die britische Regierungschefin darum, einen Brexit nach ihren Vorstellungen durchzusetzen. Aber ihre Reise tritt sie durch einen anhaltenden Konflikt im eigenen Land politisch geschwächt an.
Bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron will die Premierministerin um Unterstützung werben. Der aktuelle Austrittstermin ist Freitag, dann droht ein ungeregelter Brexit. Dieser würde gerade für die britische Wirtschaft schwere Folgen haben. Am Mittwochabend entscheidet ein EU-Sondergipfel, ob den Briten noch einmal Aufschub gewährt wird. May hat um eine Verschiebung auf den 30. Juni gebeten - und hofft nun auf Rückendeckung aus Berlin und Paris.
Video: Parlament beschließt Gesetz zur Brexit-Verschiebung
Macron sieht eine weitere Verschiebung allerdings mit großer Skepsis, setzte bisher im Umgang mit London eher auf eine harte Linie. Die EU könne nicht dauerhaft "Geisel" einer politischen Krisenlösung in Großbritannien sein, hatte er vergangene Woche erklärt.
Merkel hingegen hat sich im Verlauf der Brexit-Debatte vergleichsweise kompromissbereit gezeigt, sie will ein No-Deal-Szenario unbedingt verhindern. Auch der deutsche Europastaatsminister Michael Roth (SPD) deutete vor dem Sondergipfel nun an, dass die Bundesregierung eine erneute Verschiebung des britischen EU-Austritts unter bestimmten Bedingungen akzeptieren wolle. Ein ungeregelter Brexit wäre die "schlechteste aller auf dem Tisch liegenden Optionen", sagte er.
Er gestand aber auch ein: Ohne eine Diskussion über substanzielle Alternativen könne "auch die Gefahr eines ungeregelten Brexit nicht endgültig abgewendet werden". Eine weitere Fristverlängerung müsse an "ganz strenge Kriterien" gebunden werden. Eine davon sei eine Verpflichtung der britischen Seite, an den Europawahlen im Mai teilzunehmen.
Weber: "Längerfristige Änderungen nicht der richtige Weg"
Der Spitzenkandidat der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) für die Europawahl, Manfred Weber, äußert sich skeptischer: "Längerfristige Vertagungen sind nicht der richtige Weg", sagte der CSU-Politiker der "Passauer Neuen Presse". Und weiter: "Ein Land, das aus der EU ausscheidet, kann nicht an der Europawahl teilnehmen." Deshalb müsse es vor der Wahl Ende Mai ein Brexit-Ergebnis geben.
Es ist derzeit einer der umstrittensten Punkte: Sowohl in Großbritannien als auch in der EU gibt es Vorbehalte gegen die Teilnahme an der Wahl. Aber aufgrund des engen Zeitplans hat sich London mittlerweile darauf eingelassen, Vorbereitungen für die Europawahl zu treffen. Die Briten stimmen am 23. Mai ab.
Der Konflikt im eigenen Land verhindert, dass May ihre Reise durch Europa aus einer starken Position heraus antritt: Erst am Montagabend hat das Londoner Parlament die Regierungschefin in ihre Schranken verwiesen. Gegen Mays Willen stimmte das Oberhaus für eine Gesetzesvorlage, die dem Parlament mehr Kontrolle über den Brexit-Prozess zusichert. Die Volksvertreter dürfen Mays Antrag bei der EU genau überprüfen und gegebenenfalls ändern.
Corbyn bei der Suche nach einem Kompromiss skeptisch
Gleichzeitig gibt es offenbar keinen Fortschritt bei der gemeinsamen Suche nach einer Lösung durch die Regierung und die Opposition: Labour-Chef Jeremy Corbyn äußerte sich pessimistisch, ob es einen Kompromiss mit May geben kann. "Das Problem besteht darin, dass die Regierung sich offenbar nicht von ihrer ursprünglichen roten Linie wegbewegt", sagte er.
EU-Ratspräsident Donald Tusk hat wegen der unklaren Lage bereits eine Verschiebung des EU-Austritts um ein Jahr ins Gespräch gebracht. EU-Chefunterhändler Michel Barnier betonte zudem seine Bereitschaft, den Briten entgegenzukommen. Bei der politischen Erklärung, die die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU beschreiben soll, gebe es eine Reihe von Möglichkeiten. Dazu zähle auch eine Zollunion.
Solange aber das britische Parlament selbst so zerstritten bleibt, dürfte es May auch schwerfallen, eine Lösung mit Brüssel zu finden.