Brexit-Fahrplan Noch zwölf Tage bis zum B-Day

Streit, Revolten - und immer wieder Abstimmungen: Verstehen Sie das Ausstiegs-Durcheinander in Großbritannien? Das geschieht in den kommenden Tagen bis zum 12. April, dem Brexit-Tag.
Theresa May, britische Premierministerin.

Theresa May, britische Premierministerin.

Foto: Dan Kitwood/ PA Wire/ DPA

Die britischen Abgeordneten hatten in diesem Jahr schon jede Menge zu tun. Sie haben Theresa Mays EU-Austrittsabkommen abgelehnt, dreimal sogar. Sie haben sich gegen ein zweites Referendum ausgesprochen und gegen einen Brexit ohne Deal - gesetzlich festschreiben wollten sie das aber auch nicht. Die Idee, aus dem Unterhaus heraus die Initiative zu ergreifen, bekam erst keine Mehrheit, dann doch noch. Bei der anschließenden Probeabstimmung über verschiedene Brexit-Szenarien setzte sich aber vorerst keiner der Vorschläge durch.

Am 12. April ist Brexit-Tag, so hat es die EU festgelegt. Bis dahin müssen die Briten entscheiden, was sie nun wollen. Doch Stand jetzt ist immer noch alles offen: Deal? No Deal? Gar kein Brexit? In den kommenden Tagen geht das Ringen in Westminster und Brüssel wohl weiter, gibt es wieder Redeschlachten im Unterhaus - und Machtkämpfe in der britischen Regierung.

Was uns konkret bis zum 12. April erwartet - der Überblick:

Montag, 1. April: Zwar gab es in der ersten Runde der unverbindlichen Probeabstimmungen keine Mehrheit - aber das Verfahren ist damit noch nicht zu Ende. An diesem Montag haben die Abgeordneten erneut die Gelegenheit, unabhängig von der Regierung eigene Brexit-Pläne vorzulegen. Der Unterschied diesmal: Unterhaussprecher John Bercow dürfte nur die erfolgreichsten Anträge aus der vergangenen Woche zulassen.

Damit steigen die Chancen derer, die sich für eine britische Mitgliedschaft in der Zollunion einsetzen - vor allem dann, wenn die schottische SNP ihre fundamentale Opposition gegen den Brexit aufgibt und einen weicheren EU-Austritt unterstützt. Die Abgeordneten könnten außerdem fordern, ein mögliches Brexit-Abkommen noch einmal vom Volk absegnen zu lassen.

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Dienstag, 2. April: Premierministerin Theresa May will es offenbar noch einmal mit ihrem Austrittsabkommen versuchen, möglicherweise am Dienstag. Zuletzt hatte das Unterhaus den Deal am vergangenen Freitag abgelehnt. Die Regierung dürfte nun verstärkt vor einem langen Aufschub und einem aufgeweichten Brexit warnen. Auf diese Weise, so die Hoffnung, sollen sich am Ende doch noch genügend Hardliner und die Skeptiker in den Reihen der DUP überzeugen lassen. Die nordirischen Nationalkonservativen unterstützen Mays Minderheitsregierung, stellen sich beim Brexit bislang aber quer.

Tatsächlich ist der Widerstand gegen Mays Deal zuletzt geschmolzen. Trotzdem dürfte es schwer werden für die Regierungschefin. Sie muss jetzt noch 34 Kritiker auf ihre Seite ziehen. Und: Unterhaussprecher Bercow, der sich jüngst gegen Mehrfachabstimmungen gestellt hatte, muss das Votum erst einmal zulassen.

Im Video: So genervt sind die Londoner

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Mittwoch, 3. April: Sollte sich am Montag einer der Alternativvorschläge zum Brexit durchsetzen, könnten die Abgeordneten versuchen, ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren zu starten. Voraussetzung: May scheitert zuvor erneut mit ihrem Deal im Unterhaus. Ziel der Parlamentarier wäre es dann, die eigene Entscheidung verbindlich zu machen. Theoretisch müsste May dann zum Beispiel in Brüssel für engere EU-Beziehungen eintreten.

Kaum vorstellbar ist aber, dass Mays Tories einfach so mitziehen. 170 Abgeordnete sprachen sich zuletzt dafür aus, die EU im Zweifel lieber ohne Abkommen zu verlassen. Das wiederum lehnen moderate Konservative entschieden ab. Ein politischer Kurswechsel könnte also das endgültige Aus dieser Regierung bedeuten.

Donnerstag, 4. April: Sollte May am Dienstag keinen neuen Aufschlag gewagt haben, könnte jetzt der Zeitpunkt für eine vierte Abstimmung über ihren Deal sein. Gewinnt die Premierministerin, ist eine wesentliche Hürde auf dem Weg zum Brexit genommen. May hätte die wichtigste Aufgabe ihrer Regierungszeit doch bewältigt.

Andernfalls ist vieles denkbar: May könnte den Hardlinern in ihrer Partei nachgeben und einfach nichts tun. Die Folge wäre, dass Großbritannien am 12. April aus der EU aussteigt - ohne Abkommen. Oder sie beantragt in Brüssel einen langen Brexit-Aufschub, möglicherweise verbunden mit Neuwahlen. Und auch eine weitere Abstimmung über ihren Deal ist nicht auszuschließen. Unklar bleibt bislang ebenso, ob die Premierministerin bereits in wenigen Tagen ihren Posten räumen muss - oder ob sie sich noch einige Wochen oder gar Monate im Amt halten kann.

Mittwoch, 10. April: Die EU-Staaten kommen in Brüssel zum Sondergipfel zusammen. Bei dieser Gelegenheit beraten sie etwa über einen Aufschubantrag der Briten und einen weicheren Brexit, sollte sich London dazu durchringen.

Freitag, 12. April: Gibt es keinen Deal, keine Verlängerung der Brexit-Frist, oder plädiert London für einen harten Ausstieg ohne Abkommen, ist nun der Zeitpunkt gekommen: Großbritannien verlässt die Europäische Union.

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