Britischer Spesenskandal Abgeordnete müssen Millionensumme zurückzahlen
London - Im Zuge des Spesenskandals im britischen Unterhaus werden an die Parlamentarier Rückforderungen in einer Gesamthöhe von mehr als einer Million Pfund gestellt. Der Staat habe 392 der insgesamt 752 Abgeordneten im Parlament 1,1 Millionen Pfund (1,3 Millionen Euro) zu Unrecht erstattet, hieß es in dem am Donnerstag vorgelegten Prüfbericht. Premierminister Gordon Brown, der selbst 12.888 Pfund zurückzahlen musste, würdigte den Bericht als "Schritt nach vorn".
Der ehemalige Regierungsbeamte Thomas Legg hob bei der Vorstellung seines lange erwarteten Prüfberichts hervor, die Erstattungsregeln für Zweitwohnsitze von Parlamentariern würden nur für Unterkunftsausgaben gelten, die "für die Ausübung parlamentarischer Pflichten benötigt" würden. Laut seiner Untersuchung stellten mehr als die Hälfte der Abgeordneten unangemessene Forderungen. Ob sie damit geltende Gesetze brachen, war noch nicht klar. Die Staatsanwaltschaft erklärte, mögliche Anklagen würden am Freitag bekanntgegeben.
Die höchste Rückforderung richtet sich dem Bericht zufolge gegen die Staatssekretärin im Ministerium für Regionalregierungen, Barbara Follett, die mit dem Bestseller-Autor Ken Follett verheiratet ist. Die -Politikerin soll 42.458 Pfund zurückzahlen, die vor allem für Kontrollgänge eines Sicherheitsdiensts im Zweitwohnsitz des Paares anfielen. Außerdem wurde gerügt, dass Follett für die "überzogene" Zahl von sechs Telefonleitungen in dem Haus 4500 Pfund mit dem Staat abgerechnet hatte. Follett erklärte, sie habe die Spesenrechnungen "in gutem Glauben in Übereinstimmung mit den damaligen Regeln" eingereicht.
Infolge der Enthüllungen waren rund ein Dutzend Regierungsmitglieder und zahlreiche Abgeordnete zurückgetreten. Viele Abgeordnete warfen Legg vor, im Nachhinein neue Regeln und Obergrenzen eingeführt zu haben. Premierminister Brown wertete den Bericht hingegen positiv. Browns Sprecher sagte, der Regierungschef sehe darin "einen sehr bedeutenden Schritt nach vorn". Der Regierungschef hatte 12.888 Pfund für Reinigungs- und Gartenarbeit sowie Dekoration unrechtmäßig eingestrichen und später zurückgezahlt.
Entenhaus, Pornofilme, Pferdedünger
Der Spesenskandal war durch Berichte der Zeitung "Daily Telegraph" im vergangenen Frühjahr ans Licht gekommen. Der konservative Politiker Peter Viggers etwa machte 1600 Pfund für ein Entenhaus in seinem Gartenteich geltend, die damalige Innenministerin Jacqui Smith die Gebühren für Pornofilme. Die hatte zwar ihr Mann entliehen, sie trat aber trotzdem deswegen zurück. Weitere Posten ihrer Kollegen: Pferdedünger und ein Wassergraben ums Grundstück.
Iris Robinson, die Ehefrau von Nordirlands Regierungschef Peter Robinson, rechnete laut einem Bericht der Zeitung "Belfast Telegraph" vom Donnerstag ein 1429 Pfund teures Luxusbett ab. Robinson war kürzlich als Abgeordnete zurückgetreten, nachdem herausgekommen war, dass sie ihrem früheren 19-jährigen Liebhaber Zuschüsse in Höhe von 50.000 Pfund zugeschanzt hatte.
Die meisten überzogenen Spesenforderungen bezogen sich allerdings auf den zweiten Wohnsitz in London beziehungsweise im eigenen Wahlkreis. Hier wurden die Richtlinien inzwischen deutlich verschärft.