Brüssel Ausnahmezustand im Kampf gegen den Terror

Brüssel: Ausnahmezustand im Kampf gegen den Terror
Foto: Stephanie Lecocq/ dpa
Brüssel: Ausnahmezustand im Kampf gegen den Terror
Foto: Stephanie Lecocq/ dpaBrüssel bleibt in Alarmbereitschaft: Aus Sorge vor möglichen Anschlägen gilt auch am Montag die höchste Terrorwarnstufe für die belgische Hauptstadt - es ist bereits der dritte Tag in Folge. "Wir fürchten einen ähnlichen Anschlag wie in Paris", sagte Belgiens Premier Charles Michel. Mögliche Ziele könnten belebte Orte wie Einkaufszentren, Einkaufsstraßen oder der öffentliche Nahverkehr sein.
Im Kampf gegen Terroristen hat die Polizei am Sonntagabend an mehreren Orten Häuser durchsucht und insgesamt 16 Menschen vorläufig festgenommen. Hier die wichtigsten Antworten zur Lage in der belgischen Hauptstadt:
Wie lief am Sonntag der Einsatz in Brüssel ab?
Im Zusammenhang mit der erhöhten Terrorgefahr in Belgien gab es 19 Durchsuchungen in mehreren Gemeinden der Hauptstadtregion Brüssel sowie weitere drei Razzien in der wallonischen Industriestadt Charleroi. Das teilte die Staatsanwaltschaft in der Nacht zum Montag mit. Waffen oder Sprengstoff wurden demnach nicht gefunden.
Die Polizei nahm 16 Menschen vorläufig fest. Einzelheiten wurden mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht bekannt gegeben. Klar ist allerdings: Der international gesuchte Salah Abdeslam wurde nicht gefunden. Der 26-Jährige soll an der Terrorserie in Paris mit 130 Toten beteiligt gewesen sein, sein Bruder ist einer der Pariser Selbstmordattentäter.
Im Brüsseler Stadtteil Molenbeek feuerte die Polizei während des Einsatzes am Sonntagabend zwei Schüsse auf ein Auto ab. Der Fahrer flüchtete zunächst, konnte dann aber gestellt werden. Laut Staatsanwaltschaft ist noch offen, ob dieser Vorfall mit den Anti-Terror-Ermittlungen zu tun hat.
Was bedeutet Sicherheitsstufe 4?
Seit Samstagmorgen gilt für die Hauptstadt und den Großraum Brüssel die höchste von vier Terrorwarnstufen. Das bedeute, es bestehe eine "ernste und unmittelbare" Bedrohung, sagte Premier Michel. Schon am Wochenende fuhren keine U-Bahnen, Märkte blieben geschlossen, ein verstärktes Aufgebot an Polizisten und Soldaten war im Einsatz. Zahlreiche Großveranstaltungen wurden abgesagt.
Wie lange soll Sicherheitsstufe 4 gelten?
Am frühen Sonntagabend gab die Regierung bekannt, dass auch am Montag im Großraum Brüssel Warnstufe vier gelten werde. Am Nachmittag solle dann neu entschieden werden, sagte Michel. Das Ziel sei, so schnell wie möglich zu einem normalen Leben zurückzufinden. "Wir sind nicht glücklich über diese Situation, aber wir müssen die Verantwortung übernehmen." Im Rest Belgiens gilt weiter die Stufe drei.
Gibt es konkrete Anhaltspunkte für einen Anschlag?
Es habe eine Drohung vorgelegen, dass Attentäter "an verschiedenen Stellen" in Brüssel Anschläge verüben könnten, sagte Premier Michel. Er sprach von "vergleichsweise präzisen Informationen" über Planungen für Anschläge, wie sie in Paris verübt worden waren.
Zwei Terrorverdächtige sollen sich in Brüssel aufhalten, darunter möglicherweise der seit einer Woche gesuchte Salah Abdeslam. Er wohnte mit seinen Brüdern im Brüsseler Stadtteil Molenbeek, nach den Anschlägen in Paris soll er sich wieder nach Belgien abgesetzt haben.
Sein Bruder Brahim hatte sich in Paris in die Luft gesprengt. Sein anderer Bruder, Mohamed, sagte dem belgischen TV-Sender RTBF, die Familie wünsche, dass Salah Abdeslam sich ergebe. "Wir möchten Salah lieber im Gefängnis sehen als im Grab."
Welche Folgen hat das für die Stadt?
Das öffentliche Leben in Brüssel kommt praktisch zum Erliegen. Am Montag beginnt die Arbeitswoche, doch die Metro wird nicht fahren, Straßenbahnen dürfen nur oberirdische Strecken nehmen, Schulen und Universitäten bleiben geschlossen.
Die 1,2 Millionen Einwohner sind aufgerufen, Einkaufszentren, Konzerte, Bahnhöfe und andere Orte zu meiden, an denen viele Menschen zusammenkommen. Mit Sturmgewehren bewaffnete Soldaten werden wieder auf den Straßen patrouillieren, Polizisten Bahnhöfe und Museen bewachen. Die Präsenz von Polizei und Armee werde weiter verstärkt, sagte Premier Michel.
Nach Angaben belgischer Medien sind die Sicherheitsmaßnahmen so noch nie dagewesen. Brüssel ist Sitz der Einrichtungen der Europäischen Union und der Nato. Die Treffen der EU-Finanzminister und der EU-Bildungsminister werden am Montag wie geplant stattfinden. Auch die EU-Kommission will normal arbeiten.
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In Belgien gilt seit Samstag die höchste von vier Terrorwarnstufen. Am Sonntagabend kam es zu groß angelegten Razzien, Einsatzkräfte waren unter anderem im Stadtteil Molenbeek unterwegs - dort entstand dieses Foto.
Noch in der Nacht zu Montag informierte die Staatsanwaltschaft bei einer Pressekonferenz über die Razzien: Laut Eric Van der Syp (l.) und Thierry Werts wurden 16 Menschen vorläufig festgenommen.
Hier geht es nicht weiter: Ein belgischer Polizist blockiert in Brüssel den Zugang zu einer Straße. Auch am Montag wird im Großraum Brüssel die höchste Terrorwarnstufe gelten.
Ein Linienbus als Barrikade: Aus Furcht vor einer Anschlagsserie wie der in Paris hatten die Ermittler nach eigenen Angaben allein in der Region Brüssel 19 Häuser durchsuchen lassen.
Militär auf Brüssels zentralem Platz in der Innenstadt: Der Einsatz fand unter anderem in der Nähe des Marktplatzes Grand Place statt.
Gespenstisch leer: Auf dem Grand Place stehen Soldaten, in einer Zufahrt ist ein Militärfahrzeug zu sehen. Passanten sind kaum unterwegs.
Ein Soldat auf dem Grand Place: Wegen konkreter Hinweise auf einen möglichen Anschlag hatten die belgischen Behörden Terrorwarnstufe vier verhängt. Am Samstag und Sonntag fuhren keine U-Bahnen, Märkte blieben geschlossen, ein verstärktes Aufgebot an Polizisten und Soldaten war unterwegs.
Polizisten im Einsatz: In Brüssel sollen sich zwei Terrorverdächtige aufhalten, darunter möglicherweise der seit einer Woche gesuchte Salah Abdeslam. Sein Bruder ist einer der Pariser Selbstmordattentäter, beide wohnten zuvor im Brüsseler Stadtteil Molenbeek.
Maskierte Polizisten bei einem Einsatz in Molenbeek: Salah Abdeslam soll sich am 13. November an den Anschlägen in Paris mit 130 Toten beteiligt haben. Bei den Razzien in der Nacht zu Montag wurde der 26-Jährige jedoch nicht gefunden.
Die Ermittler seien auf der Suche nach "mehreren Verdächtigen", sagte Innenminister Jan Jambon. Im Zusammenhang mit den Pariser Anschlägen sei nicht nur der flüchtige mutmaßliche Attentäter Salah Abdeslam im Visier der Fahnder.
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