Bürgerkrieg auf Haiti In Port-au-Prince brennen schon die Barrikaden

Die Rebellen erobern ein Dorf nach dem anderen und kesseln die Hauptstadt ein, schon errichten maskierte Loyalisten dort Barrikaden auf den Straßen: In Haiti steht die Schlacht um Port-au-Prince kurz bevor. Präsident Aristide schmettert weiter jeden Gedanken an Rücktritt ab.

Port-au-Prince - Die Zustände sind chaotisch und auch für die Zivilbevölkerung lebensgefährlich: Bewaffnete Banden von Anhängern des Präsidenten Jean-Bertrand Aristide zogen am Freitag durch die Hauptstadt Port-au-Prince und verbreiteten Angst und Schrecken. Sie errichteten Barrikaden und Straßensperren. Sie griffen das einzige Krankenhaus der Stadt an, das seinen Betrieb noch nicht eingestellt hat.

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Bürgerkrieg auf Haiti: Die Anarchie vor dem Angriff

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Nach Rundfunkberichten suchten die Aristide-Anhänger in der Privatklinik Canape Vert nach Oppositionellen. Gewehrsalven waren vereinzelt zu hören, drei Militärhubschrauber kreisten über dem Gebäude. Auf den Straßen waren vereinzelt Leichen zu sehen. Viele der Bewaffneten waren maskiert.

Eine Rebellenorganisation, die sich die "Assaillants" nennt, hatte zuvor die Stadt Mirebalais eingenommen. Die Ortschaft liegt nur rund 50 Kilometer von Port-au-Prince. Die Gebiete im Norden des Landes sind bereits unter Kontrolle der Aufständischen.

USA: Neue Marines-Truppe mit 2000 Mann?

Die USA verlangten von Aristide, den Banden Einhalt zu gebieten. In Washington hieß es, die US-Regierung erwäge einen Marineverband nach Haiti zu entsenden. Der Verband, der vor Norfolk im Bundesstaat Virginia liegt, würde für die Fahrt nach Haiti etwa zwei Tage brauchen. Die Landungstruppe würde aus etwa 2000 Marines bestehen. Derzeit sichern etwa 50 Marine-Infanteristen die US-Botschaft in Port-au-Prince.

Ein hoher US-Regierungsbeamter sagte am Freitag, Washington sehe die beste Chance auf ein Ende der Gewalt in der verfassungsgemäßen Übergabe der Macht von Aristide an den Vorsitzenden Richter des Obersten Gerichtes Boniface Alexandre. Obwohl Richter in Haiti allgemein der Korruption verdächtigt werden, gilt Alexandre als vertrauenswürdig.

Aristide: "Die Verantwortung, hier zu blieben"

Uno- Generalsekretär Kofi Annan forderte die Konfliktparteien zu einer friedlichen Lösung der Krise auf. Die Rebellen wollen bis Sonntag Port-au-Prince einnehmen, um Aristide zu stürzen. Sie werfen ihm Korruption und den Einsatz von Schlägertruppen gegen seine Gegner vor. Am Donnerstag hatte der Uno-Sicherheitsrat die von mehreren karibischen Staaten geforderte Entsendung einer internationalen Friedenstruppe nach Haiti abgelehnt.

Trotz der eskalierenden Situation wies Aristide jede Rücktrittsforderung zurück. In einem Interview mit dem Sender CNN sagte er: "Als gewählter Präsident habe ich die Verantwortung, hier zu bleiben." Er forderte erneut ein kleines Kontingent internationaler Soldaten, um den Vormarsch der Rebellen auf die Hauptstadt zu stoppen.

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