Krieg in Syrien Angriff auf Assads engste Vertraute

Krieg in Syrien: Angriff auf Assads engste Vertraute
Foto: AFP/ SANABerlin - Das Assad-Regime taumelt. Ein Bombenanschlag am Dienstagmittag in Damaskus tötete offenbar mehrere Vertreter des engsten Kreises um Baschar al-Assad - ein schwerer Schlag für den Despoten.
Das syrische Staatsfernsehen bestätigte den Tod von Dawud Radschiha. Der Christ und Ex-Generalstabschef wurde während der Aufstände zum Verteidigungsminister ernannt. Er galt als wichtiger Berater Assads in Sicherheitsfragen. Eine halbe Stunde nach Radschihas Tod wurde bereits der General Fahd al-Freidsch zu seinem Nachfolger ernannt.
Das Staats-TV bestätigte auch den Tod von Assif Schaukat. Der Schwager des Präsidenten war einst Vizegeneralstabchef der Armee und Geheimdienstchef. Der Alawit galt ebenfalls als einer der wichtigsten Köpfe des Regimes in Sicherheitsfragen. Die syrische Opposition hatte bereits im Mai 2012 behauptet, Schaukat vergiftet zu haben, was sich aber später als falsch herausstellte.

Krieg in Syrien: Tödlicher Anschlag auf Assads Vertraute
Der libanesische Fernsehsender al-Manar, der dem syrischen Regime nahesteht, vermeldete den Tod von Hassan Turkmani. Der 77 Jahre alte Militär konnte auf eine jahrzehntelange Karriere in der Armee zurückblicken. Als Turkmene gehört er einer ethnischen Mindereinheit an. Zuletzt war er einer von Assads engsten Sicherheitsberatern und hatte offiziell als Assistent des Vizepräsidenten den Rang eines Ministers.
Das syrische Staatsfernsehen bestätigte, dass auch Innenminister Mohammed Ibrahim al-Schaar seinen Verletzungen erlegen ist. Der Alawit stand früher dem berüchtigten Sednaja-Gefängnis vor und galt als einer von Assads wichtigsten Schergen.
Der arabische TV-Sender al-Arabija meldete den Tod von Hafis Machluf. Dies wurde bisher vom Regime jedoch nicht bestätigt. Machluf ist ein Cousin des Präsidenten und gilt als enger Vertrauter von Assads Bruder Mahir, dem Chef der Spezialeinheit der Armee. Er ist Chef des Allgemeinen Geheimdienstes in Damaskus.
Bisher sind keine Einzelheiten über den Anschlag bekannt. Das Staatsfernsehen berichtete, es habe sich um einen Selbstmordanschlag gehandelt. Ein Bodyguard von Assads engsten Vertrauten habe den Sprengsatz gezündet. Verschiedene Oppositionsgruppen widersprachen dieser Darstellung. Man habe eine Bombe im Raum versteckt. Möglicherweise hat die syrische Opposition mittlerweile auch Unterstützer im engsten Kreis von Assad.
Schlag gegen Assads letzte Getreue
Die Liste der Opfer legt nahe, dass es sich bei dem Anschlagsziel um ein Treffen des obersten Sicherheitsrats handelte. Diese Gruppe von Männern mit Militär- und Geheimdienstvergangenheit ist der engste Kreis um Assad. Er berät ihn bei der Niederschlagung der Proteste - und ist die letzte Gruppe von Getreuen des Machthabers.
Während inzwischen 20 Generäle der syrischen Armee in die Türkei geflohen sind, war bisher kein einziges Mitglied des obersten Sicherheitsrats zu den Aufständischen übergelaufen. Nun ist es der Opposition offenbar gelungen, mit einem Schlag den gesamten Sicherheitsrat zu treffen.
Auch Hischam Bachtiar soll Verletzungen davongetragen haben. Der Ex-Chef des Allgemeinen Geheimdienstes ist Sicherheitsberater des Präsidenten. Seine Religionszugehörigkeit ist nicht klar. Manche Quellen bezeichnen ihn als Schiiten - eine Minderheitsgruppe -, andere als Sunniten.
Gerüchten zufolge soll auch Ali Mamluk verletzt worden sein. Der 66-Jährige war lange Chef des Allgemeinen Geheimdienstes und berät Assad ebenfalls in Sicherheitsfragen. Seine Religionszugehörigkeit ist umstritten. Die Opposition behauptet, er sei Alawit.
Assads engster Kreis besteht fast nur aus Alawiten
Über das Schicksal der weiteren Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrats ist bisher nichts bekannt. Ein Großteil des engen Kreises um Assad gehört Syriens Minderheiten an. So gehören zu Assads Beratern auch die Alawiten Abd al-Fatah Kudsija, Chef des Militärgeheimdienstes, Mohammed Dib Zeitun, Chef des Geheimdienstes für Politische Sicherheit, Dschamil Hassan, Chef des Geheimdienstes der Luftwaffe, und Mohammed Nasif Chayrbik, Vizechef des obersten Sicherheitsrats.
Ob einer der Überlebenden mit der syrischen Opposition zusammen in einer Palastrevolte den Anschlag geplant hat, lässt sich noch nicht sagen. Doch das Attentat dürfte Assads Kräften einen schweren Schlag versetzen. Noch kann er auf die Eliteeinheit der Armee zählen, die Republikanische Garde, die sein Bruder Mahir kommandiert. Aktivisten in Damaskus befürchten, dass er mit ihr nun für den Bombenanschlag Rache nehmen und das Vorgehen gegen Aufständischenviertel wie Midan oder die Vororte von Damaskus verschärfen könnte.
"In Midan werden Atemschutzmasken an Aktivisten und Anwohner verteilt", schrieb die syrische Menschenrechtlerin Razan Ghazzawi auf ihrem Blog aus Midan. Das Gerücht mache die Runde, das syrische Regime würde mit einer Gasattacke Rache nehmen für den Bombenanschlag. Ein Syrer, der in einem nördlichen Teil von Midan lebt, wo bisher keine Kämpfe zwischen dem Regime und den bewaffneten Aufständischen stattgefunden haben, sagte SPIEGEL ONLINE am Telefon: "Bisher ist es ruhig, aber wir haben Angst. Die Sicherheitslage wird für uns nun rapide schlechter werden. Die Kämpfe werden jetzt auch zu uns kommen."