Syrien-Krieg Türkei schickt 1100 Dschihadisten heim nach Europa

Türkische Soldaten an der türkisch-syrischen Grenze (Archiv): Zunahme türkischer Kämpfer in Syrien
Foto: MURAD SEZER/ REUTERSJunge Männer aus aller Welt schließen sich den Rebellen in Syrien an, bislang kamen sie ohne Schwierigkeiten über die Türkei an ihr Ziel. Menschenrechtsorganisationen warfen der Regierung in Ankara deshalb vor, den Konflikt im Nachbarland zu verschärfen.
Nicht nur reisten die meisten ausländischen Kämpfer von der Türkei aus nach Syrien, sie bekämen auch Waffen und Geld von dort. Außerdem würden verletzte Kämpfer in der Türkei medizinisch behandelt. Indirekt fördere das Land damit Kriegsverbrechen, da vor allem Gruppen, die mit dem Terrornetzwerk al-Qaida in Verbindung stehen, die Türkei als Basis nutzten, lautet der Vorwurf.
Die Türkei hat nun auf diese Kritik reagiert und einem Regierungsbericht zufolge insgesamt 1100 europäische Bürger festgenommen, die auf dem Weg nach Syrien waren. Demnach handele es sich um Männer, die sich verschiedenen Gruppen in Syrien anschließen wollten. Sämtliche Festgenommenen seien in ihre Heimatländer abgeschoben worden, vor allem nach Deutschland, Belgien, Frankreich und die Niederlande, berichtet die Zeitung "Habertürk". Ankara habe die betroffenen europäischen Staaten über ihre Erkenntnisse informiert.
EU-Staaten bitten Türkei um Festnahme
Die türkische Polizei habe die Europäer in insgesamt 41 Operationen in diesem Jahr verhaftet. Man habe dabei auf Informationen des türkischen Geheimdienstes MIT, der Gendarmerie und der Polizei zurückgegriffen, aber auch auf Daten der Sicherheitsbehörden der betroffenen europäischen Staaten. Interpol habe bei der Weitergabe von Informationen geholfen. Außenminister Ahmet Davutoglu hatte mehrfach eine bessere Zusammenarbeit der Geheimdienste gefordert.

Geteiltes Syrien: Das Land entwickelt sich auseinander
Foto: SPIEGEL ONLINEDie Zeitung "Today's Zaman" berichtet, die europäischen Staaten würden die türkischen Sicherheitsbehörden auf Verdächtige aufmerksam machen. In ihren Heimatländern dürfe man sie nicht auf bloßen Verdacht hin festnehmen. Deutschland, Frankreich, Belgien, Griechenland und die Niederlande hätten die türkischen Behörden aber gebeten, ihre Staatsbürger nach ihrer Einreise zu verhaften, berichtet die Zeitung unter Berufung auf türkische Geheimdienstquellen.
Dem Regierungsbericht zufolge seien noch immer etwa 1500 europäische Dschihadisten in der Türkei auf freiem Fuß. Aber auch Männer aus Tschetschenien, Afghanistan, Irak, Saudi-Arabien und anderen Golfstaaten würden die Türkei als Transitland auf dem Weg nach Syrien nutzen, um sich dort unterschiedlichen Gruppen anzuschließen. Seit einigen Wochen seien allerdings keine Kämpfer mehr über die türkisch-syrische Grenze gekommen. Syrische Rebellengruppen sagen, die Türkei lasse keine ausländischen Kämpfer über die Grenze nach Syrien.
Auch Zunahme türkischer Kämpfer in Syrien
Sorge bereitet Ankara auch die wachsende Bereitschaft unter jungen türkischen Männern, sich dem Dschihad in Syrien anzuschließen. Das türkische Innenministerium teilte vergangene Woche mit, rund 500 Türken hätten sich den islamistischen Organisationen al-Nusra oder Islamischer Staat im Irak und Syrien (ISIS) angeschlossen. Bislang seien 90 Türken in Syrien ums Leben gekommen.
Das Verhältnis zwischen den Nachbarstaaten Türkei und Syrien hat sich seit Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien vor zweieinhalb Jahren dramatisch verschlechtert. Die Freundschaft zwischen Premierminister Recep Tayyip Erdogan und Präsident Baschar al-Assad hat sich in offene Feindschaft gewandelt. Erdogan wirft Assad vor, diktatorisch zu herrschen, Assad wiederum hält Erdogan vor, Terroristen zu fördern und das Ziel zu verfolgen, ihn zu stürzen.
Tatsächlich hat die Türkei sich nach Ausbruch der Gewalt rasch auf die Seite der Opposition und der Freien Syrischen Armee gestellt. Das türkische Parlament hat Plänen der Regierung zugestimmt, notfalls Truppen nach Syrien zu schicken. In Ankara befürchtet man vor allem, dass der Bürgerkrieg auf die Türkei übergreifen könnte. Islamisten, heißt es deshalb in Erdogans AK-Partei, unterstütze man deshalb schon allein aus Eigeninteresse nicht.