Bürokratie in den USA Wo Frauen nur noch bessere Hälften sind

Im Land von Scarlett O'Hara: Seltsamer Umgang zwischen Männern und Frauen
Foto: CorbisMein Name ist Mrs. James J. Bauser. Geboren wurde ich in Deutschland als Katja Ridderbusch, seit meiner Heirat heiße ich Katja Ridderbusch-Bauser. Ich bin Deutsch-Amerikanerin, und ich bin Journalistin. Aber hier im traditionsbewussten, bibelfesten amerikanischen Süden bin ich vor allem eines: Ehefrau.
Mein Mann und ich sind vor sechs Jahren nach Atlanta gezogen; wegen des Flughafens, der Sonne und des speziellen Charmes der Südstaaten. Baumwolle und Blues. Sommerabende im Schaukelstuhl auf der Veranda, dazu ein Mint Julep. Atlanta ist inzwischen zu meiner zweiten Heimat geworden. Alles ist gut, wäre da nicht dieser seltsame Umgang zwischen Männern und Frauen.
Wie gesagt: Mrs. James J. Bauser, so steht es auf Tischkärtchen bei Festen. Mr. und Mrs. James J. Bauser, so steht es auf offiziellen und manchmal auch auf persönlichen Briefen. Nichts gegen den Namen meines Mannes. Aber es ist eben nicht meiner, vor allem nicht der Vorname. Es befremdet mich, wenn ein Name, dieser erste und klarste Ausdruck der Identität, so hartnäckig missachtet wird.
Das ist wieder so einer der vielen Widersprüche in Amerika. In dem Land, wo Frauen Weltkonzerne lenken, Indra Nooyi als CEO von PepsiCo, Irene Rosenfeld als CEO von Kraft Foods, oder Carol Bartz, die zweieinhalb Jahre im Chefsessel von Yahoo saß. In Deutschland steht keine einzige Frau an der Spitze eines Dax-Konzerns. Ich frage mich manchmal, ob Carol Bartz wohl Briefe an Mrs. Bill Marr bekommt. Bill Marr ist ihr Mann.
Auch die Südstaaten selbst sind eine Region, die reich ist an starken, selbstbewussten Frauen, echten und fiktiven. Scarlett, die Heldin in Margaret Mitchells Bürgerkriegsepos "Vom Winde verweht", blieb letztlich immer eine O'Hara, wurde nie wirklich Mrs. Charles Wilkes, Mrs. Frank Kennedy, nicht einmal Mrs. Rhett Butler.
Wie auch immer: Laut "Emily Post", Amerikas Etikettenpäpstin, ist diese summarische Anrede von Ehepaaren übrigens korrekt, wenngleich altmodisch und außerdem eine Option unter vielen. Es ist interessant, dass Briefe, die aus New York, San Diego oder Washington an meinen Mann und mich gehen, stets eine andere Option wählen: zwei Menschen, zwei Namen.
Unheimliche Begegnung mit dem Nachbarn
Frauen und Berufstätigkeit, auch so ein Thema. Neulich bei einem Gartenfest begrüßt ein kompakter Herr mittleren Alters meinen Mann; man kennt sich vage aus der Nachbarschaft. Mein Mann stellt uns vor; es gibt keinen Handschlag, denn der Handschlag ist hier im Süden Männersache. Das Gespräch geht dann so:
Er: "Und, was machen Sie so? Arbeiten Sie?"
Ich: "Ja, ich arbeite. Sie auch?"
Pause. Leises Schnauben.
Er: "Ja, selbstverständlich. Was arbeiten Sie denn?"
Ich: "Ich bin Journalistin. Für Zeitungen. Und Radio."
Er: "Ehrenamtlich also?"
Ha, denke ich, schlaues Kerlchen, so kann man das auch nennen. Und antworte dann wahrheitsgemäß: "Nein, gegen Geld. Und Sie, arbeiten Sie umsonst?"
Wieder Pause. Dann murmelt er "Excuse me" und stampft von dannen. Ich weiß nicht genau (ahne es aber), womit ich den Mann so irritiert habe. Mein Gatte kann auch nicht zur Klärung beitragen. Er kommt aus New York und findet Südstaatler sowieso speziell. Freunde aus Europa sind genauso ratlos wie ich. Freunde aus Atlanta finden, ich stelle mich an.
Mein Mann wird nervös. Zu Recht
Tatsächlich liegt der Anteil von berufstätigen Frauen in den Südstaaten der USA unter dem Landesdurchschnitt, besonders selten sind Frauen in mittleren und höheren Management-Positionen.
Jedenfalls fragt mich in der Nachbarschaft jetzt niemand mehr, ob ich arbeite. Mein Ruf ist gefestigt und eindeutig zweifelhaft: Feministin, linksliberal, wahrscheinlich auch atheistisch. Letzteres stimmt nicht, und alles andere ist wohl - naja - relativ.
Zum Höhepunkt meines interkulturellen Geschlechterkampfes kommt es beim Kauf unseres Hauses. In der Bank, in der wir eine Hypothek verhandeln wollen, begrüßt der Banker meinen Mann; ich werde, erwartungsgemäß, ignoriert. Als es an die Unterzeichnung eines Vorvertrages geht, fragt der Banker meinen Mann:
"Unterschreibt sie auch?"
Sie. Ich kann es nicht fassen. Mein Mann wird nervös. Zu Recht.
"Sie unterschreibt", gifte ich zurück. "Und sie zahlt auch."
Wir sind dann schließlich zu einer anderen Bank gegangen. Auch für die Unterzeichnung des Kaufvertrages selbst musste ein zweiter Termin angesetzt werden, denn in dem Dokument wurde ich zunächst wieder als Mrs. James J. Bauser geführt, ganz automatisch. Die Verkäufer, ein junges Ehepaar, schauten mich sehr groß an. Die Frau zog den Mund zur Zickenschnute; das hat mich ziemlich schockiert. Von wegen weibliche Solidarität. Aber immerhin steht mein Name jetzt korrekt im Vertrag: Katja Ridderbusch-Bauser, mit Bindestrich, kein Mittelname.
Solange die Dollars auf das gemeinsame Konto fließen...
Ganz verstanden habe ich bis heute nicht, warum viele Amerikanerinnen und vor allem Südstaatlerinnen - darunter taffe Frauen mit guter Ausbildung und gutem Einkommen - sich nicht diskriminiert fühlen. Vielleicht, denke ich mir, geht es Europäerinnen oft zu sehr ums Prinzip: Respekt ist ein bisschen wichtiger als Entlohnung und Einfluss. Amerikanerinnen sind da wohl pragmatischer: Solange die Dollars auf das gemeinsame Konto fließen und die Gattinnen die wichtigen Entscheidungen treffen - Finanzen, Familie, Freunde -, ist es ihnen egal, ob sie auf Tischkärtchen als Appendix ihrer Männer fungieren. Im Gegenteil, das kann sogar ihren gesellschaftlichen Status heben. Und schließlich: Wer will schon die schwitzige Hand des verklemmten Nachbarn schütteln?
Stimmt ja auch irgendwie. Obwohl ich persönlich doch gerne mein eigenes Konto führe, keinen Wert auf die Rolle der grauen Eminenz lege und als Fremde mit Yankee-Mann im amerikanischen Süden sowieso keinen Status habe. Aber ich habe meinen Namen, und zwar meinen eigenen. Darauf einen Mint Julep, im Schaukelstuhl auf der Veranda.