Fortschrittsbericht Berlin nennt Lage in Afghanistan kritisch
Es ist ein düsteres Bild, das die Bundesregierung in ihrem neuen Bericht von der Sicherheitslage in Afghanistan zeichnet. Nach Informationen des SPIEGEL sind nach wie vor regierungsfeindliche Kräfte aktiv. Sorge bereiten vor allem "Innentäter" - Attentäter in Uniform, die Isaf-Soldaten angreifen.
Hamburg - Ein dauerhafter Frieden in Afghanistan liegt nach Einschätzung der Bundesregierung in weiter Ferne. Nach Informationen des SPIEGEL beurteilt Berlin die Sicherheitslage am Hindukusch sehr kritisch. Trotz Ausbildung von nationaler Armee und Polizei seien die "regierungsfeindlichen Kräfte weiterhin handlungsfähig", heißt es in dem neuen 48-seitigen Fortschrittsbericht Afghanistan der Bundesregierung.
Der Report wird unter der Leitung des Sonderbeauftragten für Afghanistan, Michael Koch, ressortübergreifend erarbeitet. Er dient der Unterrichtung des Parlaments. In dem Bericht heißt es weiter: Ein dauerhafter Frieden könne nur erreicht werden, wenn der Versöhnungsprozess in Afghanistan Fortschritte mache. "Dies ist bisher nicht gelungen."
"Wachsende Bedrohung"
Sorge bereiten Berlin vor allem die sogenannten Innentäter. Das sind meist afghanische Sicherheitskräfte, die Soldaten der internationalen Schutztruppe Isaf (International Security Assistance Force) angreifen. Die Zahl dieser Anschläge ist 2012 drastisch gestiegen, nach Angaben des Berichts sind dabei bereits 48 Soldaten in diesem Jahr getötet worden. "Die Bundesregierung nimmt die wachsende Bedrohung sehr ernst", zitiert der SPIEGEL.
Als positiv wird in den Dokument hervorgehoben, dass es erneut weniger sicherheitsrelevante Zwischenfälle gebe. Allerdings sei dies nur ein "leicht positiver Trend", heißt es. Der Fortschrittsbericht soll am kommenden Mittwoch mit dem neuen Mandat für die Bundeswehr vom Kabinett beschlossen werden.
Deutschland will Afghanistan zunächst bis 2016 jährlich mit bis zu 430 Millionen Euro unterstützen, damit sich die Lebensbedingungen und die Regierungsführung verbessern. Zudem will sich die Bundesregierung mit rund 150 Millionen Euro an der Finanzierung der afghanischen Sicherheitskräfte beteiligen.
Bundeswehr verkleinert Truppe
Das jetzige Mandat der Bundeswehr läuft Ende Januar aus. Bis dahin sollen noch höchstens 4400 Bundeswehrsoldaten am Hindukusch im Einsatz sein. Die Bundesregierung plant nun eine auf 13 Monate angelegte Mission - ein Monat länger als das bisherige. Dies muss noch vom Bundestag bestätigt werden.
Auf Vorschlag von Außenminister Guido Westerwelle und Verteidigungsminister Thomas de Maizière soll die Bundeswehrtruppe in Afghanistan bis Ende Februar 2014 von derzeit 4760 auf 3300 Soldaten reduziert werden. Das letzte Wort hat auch hier der Bundestag.
Bereits vor zwei Jahren hatten die Staatschefs beschlossen, die Isaf-Mission spätestens Ende 2014 zu beenden. Derzeit sind noch rund 63.000 internationale Soldaten in Afghanistan stationiert. Bis Ende 2014 sollen sie die afghanischen Sicherheitskräfte so weit ausgebildet haben, dass diese ab 2015 selbst die Verantwortung in Afghanistan übernehmen können.
Deutschland hat derzeit 4760 Soldaten in Afghanistan stationiert. Damit ist die Bundeswehr nach den USA und Großbritannien der drittgrößte Truppensteller. Auch ab 2015 sollen noch deutsche Soldaten in Afghanistan bleiben - vor allem zur Beratung und Ausbildung der afghanischen Armee. Die Zahl ist aber noch völlig offen. Diese Soldaten müssen geschützt werden, so dass voraussichtlich auch ausländische Kampftruppen in Afghanistan bleiben werden.
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