Instabile Lage Bundesregierung stoppt offenbar Waffenexporte nach Saudi-Arabien

Für die deutsche Rüstungsindustrie ist Saudi-Arabien einer der wichtigsten Kunden. Doch nun sollen laut einem Zeitungsbericht vorerst keine Waffen mehr in das Königreich exportiert werden - wegen der unsicheren Lage in der Region.
Radpanzer "Boxer" (Archiv): Interesse aus Saudi-Arabien

Radpanzer "Boxer" (Archiv): Interesse aus Saudi-Arabien

Foto: Hannibal Hanschke/ dpa

Berlin - Die Bundesregierung blockiert vorerst offenbar alle Waffenexporte deutscher Firmen nach Saudi-Arabien. Die Entscheidung ist keine Reaktion auf den Tod des Königs Abdullah. Der entsprechende Beschluss sei bereits bei einer Sitzung des Bundessicherheitsrates am vergangenen Mittwoch gefallen, berichtet die "Bild am Sonntag".

Kanzlerin Angela Merkel, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sowie die sieben weiteren Minister des Gremiums lehnten die entsprechenden Exportanträge demnach entweder ganz ab oder vertagten eine Entscheidung bis auf Weiteres. Offiziell äußert sich die Bundesregierung nicht zu den Beschlüssen des Gremiums. Die Diskussionen im Bundessicherheitsrat unterliegen strikter Geheimhaltung.

Aus Regierungskreisen soll es laut Bericht der "BamS" zu Saudi-Arabien geheißen haben, die Lage in der Region sei zu instabil, um dorthin Waffen zu liefern. Für die deutsche Rüstungsindustrie ist Saudi-Arabien ein wichtiger Kunde. Es geht um Panzer, Kriegsschiffe und Gewehre. 2013 genehmigte der Bundessicherheitsrat den Angaben zufolge Waffenexporte für 360 Millionen Euro in das Land. 2012 waren es sogar 1,2 Milliarden Euro.

In einer Umfrage für die Zeitung lehnten 60 Prozent der Deutschen es angesichts der Menschenrechtsverletzungen ab, überhaupt weiter Geschäfte mit Saudi-Arabien zu machen. Nur 29 Prozent sprachen sich für weitere Geschäftsbeziehungen aus. Waffenexporte nach Saudi-Arabien lehnten 78 Prozent der Befragten ab. Lediglich 17 Prozent befürworten sie. 503 Personen waren befragt worden.

Saudi-Arabien steht immer wieder wegen Verstößen gegen die Menschenrechte in der Kritik. Zuletzt sorgte der Fall des Bloggers Raif Badawi für Entsetzen. Er war wegen "Beleidigung des Islam" zu 1000 Stockschlägen verurteilt worden. Zuvor hatte er auf seiner Internetseite immer wieder die Religionspolizei für ihre harte Durchsetzung der in Saudi-Arabien vorherrschenden strengen Auslegung des Islam kritisiert. Unter anderem verurteilte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier die Strafe als "grausam" und "ungerecht".

Raif Badawi: 1000 Stockschläge wegen "Beleidigung des Islam"

Raif Badawi: 1000 Stockschläge wegen "Beleidigung des Islam"

Foto: Amnesty International

In dem Königreich haben Frauen kaum Rechte und Systemkritikern drohen drakonische Strafen. Kritiker werfen westlichen Regierungen vor, wegen politischer und wirtschaftlicher Interessen über Menschenrechtsverletzungen in dem ölreichen Wüstenstaat hinwegzusehen.

Die Nahost-Webseite "Middle East Eye" veröffentlichte kürzlich eine Darstellung, die den saudi-arabischen Strafenkatalog mit dem der IS-Krieger vergleicht. Der IS hatte seinen Katalog Mitte Dezember publik gemacht. SPIEGEL ONLINE hat die Grafik übernommen, mehr dazu lesen Sie hier:

Grafik: Vergehen und Strafen beim IS und in Saudi Arabien

Grafik: Vergehen und Strafen beim IS und in Saudi Arabien

Foto: SPIEGEL ONLINE
wit/AFP/Reuters/dpa
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