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Burkina Faso: Zehntausend Stimmen gegen den Präsidenten

Foto: JOE PENNEY/ REUTERS

Aufstand in Burkina Faso Der "schwarze Frühling" - ein Signal für Afrika

Das Volk von Burkina Faso tanzt auf den Straßen, Dauerherrscher Blaise Compaoré ist abgetreten. Auch für andere afrikanische Staaten könnte der "schwarze Frühling" des Landes einen Aufbruch bedeuten.

Wenn das Volk die Furcht vor der Macht verloren hat, werden die Denkmäler der Mächtigen zerstört. Am Donnerstag stürzten junge Männer eine Bronzestatue von Blaise Compaoré, dem Staatschef von Burkina Faso. In der Hauptstadt Ouagadougou brannte das Parlament, Regierungsgebäude wurden gestürmt, Büros der Regierungspartei verwüstet.

Die Menschen in Burkina Faso wollten den Mann loswerden, der ihr Land über 27 Jahre regiert und heruntergewirtschaftet hatte: Präsident Compaoré, 63, Ex-Hauptmann der Armee, war 1987 durch einen Militärputsch an die Macht gekommen - und wollte wie so viele Autokraten in Afrika bis ans Ende seiner Tage weiterherrschen. Das sollte eine Verfassungsänderung garantieren, die ihm eine erneute Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr und bis zu drei weitere Amtszeiten ermöglicht hätte.

Doch diesmal hatte der Dauerherrscher sein Volk unterschätzt. Es rebellierte und erfüllte erstmals die Bedeutung des Namens ihrer Nation: Burkina Faso, das Land der Aufrechten. Sie haben es geschafft - am Freitagnachmittag ist Compaoré abgetreten.

Die Burkiner haben vor einem halben Jahrhundert die französische Kolonialherrschaft abgeschüttelt, jetzt standen sie gegen die schwarze Herrschaft auf. Gegen den Big Man und die korrupte politische Elite, die sich seit Jahrzehnten hemmungslos bereichert, während ihr Staat zu den ärmsten der Welt gehört. Auf dem Entwicklungsindex der Vereinten Nationen liegt Burkina Faso auf Platz 181 von 187 erfassten Ländern.

Die Opposition rief in Anlehnung an die Volksaufstände in Arabien den "schwarzen Frühling" aus. Tatsächlich erinnert die revolutionäre Stimmung auf dem Place de la Nation in Ouagadougou an das Geschehen auf dem Tahrir-Platz in Kairo vor drei Jahren.

Die Zeiten haben sich auch in Afrika geändert. Im Kalten Krieg wurden selbst die schlimmsten Despoten von ihren Verbündeten im Westen oder Osten alimentiert. Staatsverbrecher wie Mobutu in Zaire oder Mengistu in Äthiopien konnten tun und lassen was sie wollen. Doch nach dem Fall der Mauer wurden die ideologischen Vasallen nicht mehr gebraucht.

Die Afrikaner sind der Alleinherrscher überdrüssig

Nur wenige Diktatoren überdauerten die Wende, darunter Blaise Compaoré. Er plusterte sich als Friedenstifter bei Regionalkonflikten auf, die er selbst geschürt hatte, und passte sich den neuen geopolitischen Erfordernissen an: In Burkina Faso liegen wichtige militärische Stützpunkte der Amerikaner und Franzosen im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Compaoré konnte sich als "sanfter Diktator" behaupten und weiterhin ungestört den Staat plündern. Doch der Versuch, die Verfassung zu verbiegen, leitete seinen Untergang ein.

Millionen von Afrikanern sind ihrer Kleptokraten und Endlosherrscher überdrüssig geworden. Das hängt auch mit dem wirtschaftlichen Aufschwung in vielen Ländern des Kontinents zusammen. Die Mittelschichten wachsen, die Zivilgesellschaften sind selbstbewusster geworden. Und sie sind besser vernetzt. Vor allem in den jungen Generationen, die sich um ihre Zukunft betrogen sehen, breitet sich der Widerstandsgeist über die sozialen Netzwerke und Millionen von Handys in Windeseile aus.

Folgt das Land dem ägyptischen Beispiel?

Der "schwarze Frühling" in Burkina Faso ermutigt die demokratischen Oppositionsbewegungen in ganz Afrika. Erstmals in der postkolonialen Geschichte verhinderte eine Volkserhebung die Verfassungsmanipulationen eines Staatschefs.

Die Menschen jubelten und tanzten in den Straßen, als Compaoré schließlich aufgeben musste. Das Kommando übernahm Honoré Traoré, der Armeechef. Nachdem er bereits das Parlament aufgelöst und eine Übergangsregierung angekündigt hatte, erklärte er sich zum vorläufigen Präsidenten - "in Übereinstimmung mit der Verfassung", wie er betonte.

Die Übernahme des höchsten Staatsamtes durch einen General macht viele Regimegegner misstrauisch - sie erinnern sich an Ägypten. Dort war der Arabische Frühling bekanntlich nur von kurzer Dauer. Nach dem siegreichen Aufstand der Massen und einer chaotischen Zwischenphase riss das Militär die Macht wieder an sich. Niemand kann eine solche Entwicklung für Burkina Faso ausschließen.

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