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Regierungswechsel in Burma: Absahnen zum Abschied

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Regierungswechsel in Burma Operation "Volle Taschen"

Ende Januar übernimmt die Opposition die Geschäfte in Burma - angeführt von Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi. Die amtierende Regierung nutzt ihre letzten Wochen an der Macht, um sich noch einmal zu bereichern.

Das Militär und die bereits abgewählte Regierung in Burma nutzen die letzten Wochen vor der Machtübergabe an die Opposition, um sich eine goldene Zukunft zu sichern.

Die zumeist aus ehemaligen oder amtierenden Armeeangehörigen bestehende Regierung von Präsident Thein Sein hat dazu rechtzeitig diverse Gesetze durchs Parlament geboxt und Verträge vergeben, die künftig Wohlstand und Sicherheit für scheidende Parlamentarier und Staatschefs garantieren sollen:

  • Im Dezember gestanden sich die Abgeordneten ein für burmesische Verhältnisse großzügiges Abschiedsgeschenk zu. Jeder aus dem Parlament ausscheidende Parlamentarier wird künftig eine Einmalzahlung von umgerechnet 3480 Euro erhalten. Für einen Großteil der Burmesen kommt das mehr als elf Jahresgehältern gleich. Etwa 40 Prozent aller Bürger leben in Burma von weniger als 311 Euro im Jahr.
  • Die Regierung plant, fünf staatseigene Fabriken noch vor Ende der jetzigen Legislaturperiode am 1. Februar dem Militär zu überschreiben. Produktionsstätten von Pkw und Lkw sollen "aus strategischen Gründen" in den Besitz des Militärs übergehen.
  • Ein in dieser Woche zur Abstimmung stehender Gesetzentwurf sieht vor, dass alle aus dem Amt scheidenden Präsidenten Burmas in der Zukunft von Strafverfolgung ausgenommen sein werden. Außerdem soll den ehemaligen Staatsoberhäuptern eine nicht näher definierte Zahl an Leibwächtern zur Verfügung stehen.

Zusätzlich zu diesen Maßnahmen hat das Parlament im Dezember mehrere Großaufträge an ausländische Investoren vergeben. So erhielt das von Peking kontrollierte chinesische Konsortium CITIC den Zuschlag, an der burmesischen Küste einen Tiefseehafen zu bauen. Er soll das Herz einer Wirtschaftszone im Bundesstaat Rakhine werden. Kritiker werfen den Militärs vor, die in Burma die Strippen ziehen, damit chinesischen Interessen Vorschub zu leisten. China ist tatsächlich daran gelegen, seine Präsenz in der See von Bengalen auszubauen.

Für Ärger sorgt das Gesetz zur Immunität

Die scheidende Regierung vergab die Verträge, ohne die Nationale Liga für Demokratie (NLD), die die Wahlen im November haushoch gewonnen hat, zu konsultieren. Das ist nach burmesischem Recht zwar möglich, lässt Kritiker jedoch nach den Motiven der abtretenden Regierung und der Armee fragen. Beobachter vermuten, dass die nicht ausgereiften Verträge überhastet abgeschlossen wurden, damit sich die von den Militärs gesteuerte scheidende Regierung damit brüsten kann, Investitionen aus dem Ausland ins Land gelockt haben.

Auf heftige Kritik stößt vor allem das geplante Gesetz zur Immunität für den Staatschef. Die bekannte Aktivistin Naw Ohn Hla ist die zweite Woche im Hungerstreik, um gegen die Regelung zu protestieren. Die 53-Jährige saß während der Militärdiktatur wiederholt im Gefängnis, weil sie sich für die Freilassung politischer Gefangener eingesetzt hatte. Derzeit verbüßt sie eine sechsjährige Haftstrafe, weil sie bei einem Protest vor der chinesischen Botschaft in Rangun gegen das Versammlungsverbot verstoßen haben soll.

Auch international stößt der geplante Verfassungszusatz auf Kritik. "Gegen frühere Präsidenten soll nicht ermittelt werden dürfen. Das verhöhnt die demokratischen Prinzipien und entlässt die Regierung aus der Verantwortung", sagt David Mathieson, Asien-Experte von Human Rights Watch.

Das speziell auf den Präsidenten zugeschnittene Gesetz ist eine Erweiterung des schon früher verabschiedeten Paragrafen 445 der burmesischen Verfassung. Er besagt, dass kein Angehöriger einer ehemaligen Regierung für Vergehen im Amt belangt werden kann. "Durch all diese Regelungen wollen die Generäle sicherstellen, dass sie nicht belangt werden, sei es wegen Verstößen gegen die Menschenrechte, Kriegsverbrechen oder wegen Korruption", so Mathieson.

Und die Opposition? Will die Pensionen spenden

Burma wurde bis 2011 von einer Militärregierung mit harter Hand geführt, danach übernahm eine vom Militär gelenkte, nur scheinbar zivile Regierung die Geschäfte. Bei den ersten freien Wahlen im November 2015 gewann die Opposition haushoch. Die Partei der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, NLD, fuhr mehr als zwei Drittel aller Stimmen ein. Am ersten Februar beginnt die neue Legislaturperiode, bis März soll ein neuer Präsident gewählt werden. Suu Kyi selbst kann nicht Staatschefin werden. Dafür hat die Armeeführung mit einem Gesetz gesorgt, das es Burmesen mit ausländischen Ehepartnern und Kindern verbietet, das höchste Amt zu bekleiden - und Suu Kyi hat beides.

Die Friedensnobelpreisträgerin hat angekündigt, dass Parlamentarier ihrer Partei die ihnen dank der jetzigen Gesetzesänderung in den Schoß gefallenen Reichtümer nicht behalten werden. Alle NLD-Mitglieder würden das Geld, das ihnen bei einer Abwahl zustehe, an wohltätige Zwecke spenden. "Wir haben unser Gehalt, wir brauchen diese Pension nicht", sagte Suu Kyi dem Radio Free Asia.

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