

Viele Angehörige burundischer Oppositioneller fragen sich seit dem 11. Dezember, wo ihre Familienmitglieder geblieben sind. An dem Tag hatten Rebellen und aufgebrachte Regierungsgegner vier Militärstützpunkte in der Hauptstadt Bujumbura angegriffen.
Die Bilanz der Regierung lautete 87 Tote. Laut Uno -Ermittlungen im Land wurden jedoch mindestens 130 Menschen getötet . Wer ums Leben kam, was mit den Leichen geschah - all das war in den meisten Fällen bislang nicht bekannt. Nun haben immerhin einige Dutzend Angehörige eine vage Ahnung, wo ihre Verwandten begraben liegen könnten.
Am Donnerstag machte der Generalstaatsanwalt des Landes neue Angaben zum Verbleib der Opfer. Chefankläger Valentin Bagorikunda sagte der Nachrichtenagentur AP, man habe 58 der bei den Angriffen auf Militärposten getöteten Rebellen begraben, ohne deren Familien zu informieren. Menschenrechtsgruppen hatten der Regierung wiederholt vorgeworfen, das Ausmaß der tödlichen Gewalt vom Dezember herunterzuspielen und die Opfer in Massengräbern verscharrt zu haben.
Chefankläger Bagorikunda sagte, die 58 anonymen Opfer seien in "offiziellen Gräbern" in Kanyosha südlich der Hauptstadt und in zwei westlichen Provinzen des Landes beigesetzt worden. Er dementierte laut AP jedoch erneut, dass es sich um Massengräber gehandelt habe.
Ein anonymes Massenbegräbnis ohne Massengräber?
Am Freitag verschickte die Regierung wegen der Interview-Aussagen von Bagorikunda ein schwaches Dementi: Auf Twitter schrieb der Regierungssprecher, der Generalstaatsanwalt sei von einem US-Nachrichtenmedium "falsch zitiert" worden - ohne die Quelle des angeblich falschen Zitats korrekt zu benennen.
Dann folgte wenig später der Hinweis, die 58 Unbekannten seien "aus gesundheitlichen Gründen" vergraben worden - mit einem getwitterten Foto des AP-Artikels, auf dem der Name des Agenturautors mit rotem Stift unterstrichen ist.
Ein Mitarbeiter der Agentur verwahrte sich im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE gegen den Vorwurf, der Chefankläger sei falsch zitiert worden. Die Erklärung, die Leichen seien aus "gesundheitlichen Gründen" vergraben worden, sei in dem am Donnerstag geführten Interview mit Bagorikunda allerdings auch gefallen, sei im Artikel aber nicht erwähnt worden. Der Mitarbeiter berichtete auch, die Leichen seien damals noch am Mittag des gleichen Tages auf Militärfahrzeuge geladen, weggebracht und in Gruben verscharrt worden.
In Burundi kommt es seit April 2015 immer wieder zu politischer, aber auch zu ethnisch motivierter Gewalt. Bei einer von der Opposition boykottierten Wahl im Juli hatte sich Staatschef Pierre Nkurunziza zum dritten Mal als Präsident küren lassen, was die burundische Verfassung nicht vorsieht. Die anschließenden Proteste wurden von Regierungssoldaten und der Polizei gewaltsam niedergeschlagen. Seitdem sind in dem Land laut Uno-Schätzungen mindestens 400 Menschen gewaltsam ums Leben gekommen.
Nach den Unruhen vom Dezember 2015 hatte der Uno-Menschenrechtskommissar von "neuen und äußerst beunruhigenden Gewaltmustern" gesprochen. Burundi hat bereits mehrere ethnische Konflikte zwischen den Volksgruppen der Hutu und der Tutsi mit Hunderttausenden Toten und Vertriebenen erlebt. Nach dem Friedensschluss im tansanischen Arusha von 2006 galt die ethnische Gewalt eigentlich als überwunden.
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Ein Forensiker hält einen menschlichen Schädel in der Hand, der aus einem von Rebellen angelegten Massengrab stammen soll. Amnesty International wirft hingegen der Regierung vor, für die Massengräber verantwortlich zu sein.
Politische und ethnisch motivierte Gewalt in Burundi dauern seit dem Sommer 2015 an. Im Juli hatte sich Präsident Pierre Nkurunziza zu einer - von der Verfassung nicht vorgesehenen - dritten Amtszeit wählen lassen.
Bei einem Angriff auf vier Militärstützpunkte in der burundischen Hauptstadt waren nach Uno-Angaben 130 Menschen getötet worden. Der Generalstaatsanwalt räumte nun ein, dass 58 Getötete anonym begraben wurden, ohne die Familien zu informieren.
Weitere Leichenteile, gefunden nördlich von Bujumbura. Rebellen, die sich dem nationalen Geheimdienst ergeben hatten, sollen die Polizei zu dem Grab geführt habe. Die Gräber, von denen der Generalstaatsanwalt berichtet, sollen sich südlich der Hauptstadt und in zwei westlichen Provinzen befinden.
Eine weitere Leiche wird exhumiert - laut burundischer Polizei sollen sich bis zu 30 Leichen in den Gruben befinden.
Mit diesen Satellitenfotos hatte Amnesty International auf die mutmaßliche Existenz von Massengräbern hingewiesen. Anwohner beschuldigen allerdings Regierungstruppen...
...die Gruben am Nachmittag des 11. Dezember ausgehoben zu haben, um dort die Opfer der Attacken auf die vier Militärstützpunkte in der Hauptstadt zu verscharren.
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