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Carola Rackete: Die Odyssee der "Sea-Watch 3"

Foto: Guglielmo Mangiapane/ REUTERS

"Sea-Watch"-Kapitänin Steinmeier rügt Italien für Festnahme von Rackete

Eine deutsche Kapitänin bringt 40 Migranten unerlaubt nach Italien - und wird verhaftet. Der Bundespräsident verurteilt das nun mit deutlichen Worten.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Italien wegen der Festnahme der deutschen Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete, 31, kritisiert. "Italien ist Gründungsstaat der Europäischen Union", sagte er dem ZDF. "Deshalb dürfen wir erwarten, dass man mit einem solchen Fall anders umgeht."

Mit einem beispiellosen Manöver hatte die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch zuvor die offene Konfrontation mit Italien gewagt. Trotz eines Verbots steuerte Rackete ihr Rettungsschiff mit im Mittelmeer geretteten Migranten in den Hafen der sizilianischen Insel Lampedusa. Sie wurde festgenommen. Auf Rackete kommt eine Geldstrafe zu, im schlimmsten Fall Haft.

Die Reaktionen auf Racketes Verhaftung reichten von Solidarität bis Empörung. Der italienische Innenminister Matteo Salvini bezeichnete Racketes Verhalten als kriminell. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) dagegen sagte: "Seenotrettung darf nicht kriminalisiert werden. Es ist an der italienischen Justiz, die Vorwürfe schnell zu klären."

Grünen-Chef Robert Habeck teilte mit, der eigentliche Skandal sei das "Ertrinken von Geflüchteten im Mittelmeer". Siemens-Chef Joe Kaeser sagte: "Menschen, die Leben retten, sollten nicht festgenommen werden."

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Carola Rackete: Die Odyssee der "Sea-Watch 3"

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Die Fernsehmoderatoren Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf riefen zu Spenden für die Seenotretter auf. Bis Sonntagnachmittag kam bereits mehr als eine halbe Million Euro zusammen. Der YouTuber Rezo unterstützte die Aktion und nannte es "abgefuckt", dass Rackete verhaftet wurde.

In Vergessenheit geriet in der Aufregung fast, dass die Migranten nach mehr als zwei Wochen auf dem Mittelmeer an Land gehen konnten. Die Odyssee der "Sea-Watch 3" hatte am 12. Juni mit der Rettung von insgesamt 53 Bootsflüchtlingen vor Libyen begonnen.

Wenige Stunden zuvor hatte die Regierung in Rom sich auf eine drastische Verschärfung der Regeln für die Helfer verständigt. Sea-Watch ließ sich nicht davon abhalten und fuhr mit den Geretteten in Richtung Italien.

Nach tagelangem Warten an der Seegrenze sah sich die Kapitänin gezwungen, die "Sea-Watch 3" auf Lampedusa zuzusteuern und schließlich in den Hafen zu fahren. Dort touchierte sie ein Polizeiboot. Nach italienischen Medienberichten soll sich Rackete dafür bereits entschuldigt haben.

Wie es langfristig für Sea-Watch weitergeht, ist unklar. Vorerst verliert die Organisation ihr Rettungsschiff - nicht das erste Mal. Am Samstag wurde es aus dem Hafen von Lampedusa gefahren und sollte dem italienischen Innenminister zufolge in einen anderen Hafen gebracht werden. Der Kapitänin, die nun Star und Feindbild zugleich ist, drohen mehrere Anklagen, unter anderem wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung und Verletzung des Seerechts.

Ihrem Vater Ekkehart Rackete zufolge ist sie aber "guter Dinge", sagte der 73-Jährige dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Sie steht unter Hausarrest in Lampedusa und ist bei einer sehr netten Dame untergebracht, die sich rührend um sie kümmert."

Spätestens Dienstag wird ihre Vernehmung und eine mögliche Bestätigung des Haftbefehls erwartet. Ekkehart Rackete rechnet damit, dass seine Tochter gegen Auflage oder Kaution bis zu einem möglichen Prozessbeginn freikommt.

Die Seenotrettung sorgt seit Monaten für Streit innerhalb der Europäischen Union. Die EU-Länder können sich nicht auf einen Mechanismus zur Verteilung der Bootsflüchtlinge einigen. Eine Lösung ist trotz des erheblichen Drucks, den die populistische Regierung in Rom seit einem Jahr in der Frage ausübt, nicht zu erkennen.

ssu/dpa
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