Cheney kontra Edwards Unentschieden im Duell der Stellvertreter

Geschichte sollte gemacht werden, heute Nacht, in der Case Western Reserve Universität in Cleveland, Ohio. 90 Minuten stritten Dick Cheney und John Edwards beim einzigen TV-Duell eines US-Vizepräsidenten mit seinem Rivalen. Doch am Ende gab es zwar einen Händedruck, aber keinen Sieger.
Von Georg Mascolo

So kann es gehen, wenn die Erwartungen zu hoch gesteckt werden: Die erste Fernsehdebatte der Vize-Kandidaten, die eine Wahl entscheiden kann, war vorausgesagt. Ein einmaliges Ereignis in der Geschichte der USA also, weil doch die Debatten der beiden Zweiten nie sonderlich interessiert hatten.

Die Politikwissenschaftler werden ihre Standardwerke nicht umschreiben müssen. Nach 90 Minuten trennten sich Cheney und Edwards mit einem Händedruck, und nach dem klaren Sieg Kerrys gegen Bush in der ersten Runde fällt dieses Mal das Urteil schwer. Sicher ist nur, dass weder Edwards noch Cheney die in sie gesetzten Erwartungen wirklich erfüllten.

Edwards, der brillante Rechtsanwalt, sollte Cheney als skrupellosen Kriegstreiber und das eigentliche Mastermind der Neokonservativen entlarven. Und als den Unbelehrbaren vorführen, der bis heute auch an den umstrittensten Gründen für den Krieg im Irak, wie etwa die längst widerlegte Connection zwischen Saddam und al-Qaida, festhält.

Cheney war angetreten, seinen Präsidenten aus arger Bedrängnis zu retten und in der für den Wahlsieg so wichtigen Frage, wer der bessere Kriegspräsident ist, die beiden Demokraten zu beschädigen. Die Strategen des Weißen Hauses hatten alles daran gesetzt, dass es dem ebenso angriffslustigen wie wortgewaltigen Cheney gelingen würde, Kerry und Edwards als wankelmütige Liberalen und Gefahr für das Land herunterzumachen.

Versucht haben es beide nach Kräften. Unablässig suchten sie mit Argumenten und Schmähungen einen Vorteil herauszuarbeiten. "Was immer politisch opportun erschien, da waren Sie und Kerry", schnappte Cheney. Edwards verhöhnte er als "Senator Nie da", einen der ständig die Sitzungen schwänze: "Ich habe Sie heute Abend auf der Bühne überhaupt zum ersten Mal gesehen." Edwards keilte zurück, indem er daran erinnerte, dass der umstrittene Halliburton-Konzern, dessen Chef Cheney früher war, auf gute Geschäfte mit Iran hoffte. Edwards: "Dieser Vizepräsident hat Geschäfte mit den hartnäckigsten Feinden dieses Landes gemacht."

Irak, Iran und Afghanistan

In Teilen deutlicher als bisher gehört beschrieben die Vizes die Politik nach einem Wahlsieg. Cheney erklärte, er erwarte, dass Iran wegen seiner Atompolitik im November ein Fall für den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wird. Edwards forderte, die Sanktionen gegen das Mullah-Regime zu verschärfen. Afghanistan, aus Sicht der Bush-Regierung eine Erfolgsstory, bezeichnete der Demokrat als Hochburg der Warlords und Drogenbarone. Cheney versprach ein erfolgreiches Ende der Jagd auf Bin Laden: "Wir kriegen ihn."

Ziemlich ins Rudern geriet Edwards, als er beschreiben sollte, wie der von den Demokraten beschworene Neuanfang im Irak aussehen soll. Das klinge naiv, sagte die Moderatorin, wo doch Deutschland und Frankreich die Entsendung von Truppen schon abgelehnt haben. Edwards redete solange, dass er beinahe den elektronischen Hupton, der das Überziehen der Redezeit signalisiert, ausgelöst hätte. Eine klare Antwort auf die Frage gab er dennoch nicht.

Cheney sah nicht viel besser aus, nachdem er Kerry wegen früher befürworteter Streichungen im Rüstungshaushalt als Sicherheitsrisiko schmähte. Edwards wies nach, dass Cheney nach dem Ende des Kalten Krieges selbst für solche Einschnitte plädiert hatte. Ähnlich unentschieden blieb auch die Diskussion um Gesundheitskosten und Arbeitsplatzbilanz.

Nach dieser Debatte werden die Amerikaner noch ungeduldiger darauf warten, dass am kommenden Freitag die eigentlichen Stars des Wahlkampfes noch einmal gegeneinander antreten.

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