Corona-Auflagen in Europa
EU-Behörde warnt dringend vor Lockerungen zu Weihnachten
Die Ansteckungsraten gehen europaweit zurück – doch aus Sicht der EU-Gesundheitsbehörde ECDC ist das längst kein Grund zur Entwarnung. Lockerungen über die Feiertage stoßen auch in Brüssel auf Kritik.
Weihnachtsschmuck in der Stuttgarter Innenstadt: »Winter bedeutet mehr Verbreitung des Virus«
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In Deutschland sollen Ende Dezember vielerorts die Corona-Maßnahmen gelockert werden, um Weihnachtsfeierlichkeiten zu ermöglichen. Solche Pläne stoßen in Brüssel auf Unverständnis: Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC warnt dringend vor einer zu raschen Lockerung der Corona-Beschränkungen in Europa.
»Ich möchte unterstreichen, dass es keine Hinweise gibt, dass die Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gelockert werden können«, sagte ECDC-Direktorin Andrea Ammon am Mittwoch in einer Videokonferenz der EU-Gesundheitsminister.
»Wir sind nicht in derselben Situation wie vor dem Sommer«
Würden die Auflagen kurz vor Weihnachten gelockert, könnten sich die Klinikeinweisungen in der ersten Januarwoche erhöhen. Nehme man die Beschränkungen noch früher zurück, könnte dies sogar schon während der Weihnachtsfeiertage geschehen, sagte Ammon. Jetzt sei nicht die Zeit, um Maßnahmen zu lockern.
Die ECDC-Direktorin gab den Gesundheitsministern in der Schalte einen Überblick über die Pandemie-Lage in Europa. Demnach gehen die Ansteckungsraten insgesamt zurück, die Todeszahlen und die Auslastung der Intensivbetten steigen aber weiterhin. »Eine Reihe von Ländern scheint den Höhepunkt (der zweiten Corona-Welle) erreicht zu haben, aber nicht alle«, sagte sie.
EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides äußerte sich ähnlich. »Werden die Maßnahmen zu früh gelockert, kann dies zu mehr Fällen führen«, sagte sie. Kyriakides zufolge sterben derzeit täglich 5000 Menschen in Europa an oder mit dem Coronavirus.
Sie könne den Wunsch nach Lockerungen gut verstehen, sagte die Kommissarin. Aber: »Wir sind nicht in derselben Situation wie vor dem Sommer.« Die Ansteckungszahlen seien insgesamt auf einem höheren Niveau und der »Winter bedeutet mehr Verbreitung des Virus«. Bis Impfstoffe großflächig verabreicht werden könnten, sollten die Maßnahmen bestehen bleiben, »insbesondere über die anstehenden Ferien«, so Kyriakides.
Die Chefin der Europäischen Arzneimittelbehörde (Ema), Emer Cooke, bestätigte indes den Eingang von zwei Anträgen auf Zulassung von Corona-Impfstoffen. Das US-Unternehmen Moderna sowie die deutsche Firma Biontech gemeinsam mit ihrem US-Partner Pfizer haben demnach Anträge und finale Datensätze eingereicht. Auf dieser Grundlage soll die Ema nun das Zulassungsverfahren abschließen.
Die Ema-Experten hätten in den vergangenen Monaten bereits große Datenmengen von vorläufigen Tests der Unternehmen analysiert, sagte Cooke. Positive Entscheidungen zur Zulassung der Impfmittel seien daher »innerhalb einiger Wochen« denkbar. Ihr zufolge könnte es bei einer Sitzung am 29. Dezember grünes Licht für den Biontech-Impfstoff und bei einer Sitzung am 12. Januar für Moderna geben.