Im Kampf gegen die Corona-Pandemie wurde lange vom schwedischen Sonderweg gesprochen. Nun verschärft Stockholm die Maßnahmen – und empfiehlt erstmals das Tragen von Masken in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Stefan Löfven: Einen Lockdown lehnt Schwedens Ministerpräsident als »zu große Belastung« für die Bevölkerung ab
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In vielen europäischen Ländern steigen die Corona-Zahlen. Auch Schweden verzeichnet einen anhaltenden Anstieg der Neuinfektionen. Um dem entgegenzuwirken, hat die Regierung nun die bisher strengstens Maßnahmen verkündet.
In Restaurants dürfen ab Heiligabend nur maximal vier Personen an einem Tisch sitzen. Zudem darf nach 20 Uhr kein Alkohol ausgeschenkt werden. Auch der Fernunterricht für weiterführende Schulen wird bis zum 24. Januar verlängert. Das Verhängen eines Lockdowns wie in zahlreichen anderen europäischen Ländern lehnte Ministerpräsident Stefan Löfven als »zu große Belastung« für die Bevölkerung ab.
Zudem forderte Löfven die Schweden zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie dazu auf, in öffentlichen Verkehrsmitteln einen Mundschutz zu tragen. Das Nichtbefolgen werde aber nicht unter Strafe gestellt. Johan Carlson von der Gesundheitsbehörde warnte: »Ein Mundschutz sollte niemals als Ersatz oder Alternative zur Distanzierung angesehen werden.«
Einkaufszentren, Geschäfte und Fitnessstudios sind aufgerufen, die Anzahl der Kunden zu begrenzen, um Gedränge zu vermeiden. Museen, Bibliotheken, Schwimmbäder und andere nicht notwendige öffentliche Behörden bleiben bis zum 24. Januar geschlossen. Löfven forderte seine Landsleute außerdem auf, ihre sozialen Kontakte zu begrenzen und möglichst von zu Hause aus zu arbeiten.
Seit Herbst schnellen die Corona-Zahlen in die Höhe
Schweden geht seit Beginn der Corona-Pandemie einen weniger restriktiven Weg als die meisten anderen europäischen Länder und hatte lange auf Empfehlungen vertraut. In diesem Zusammenhang war lange vom schwedischen Sonderweg im Kampf gegen die Pandemie die Rede. Kritiker warfen den Behörden vor, mit ihrer Strategie Menschenleben zu gefährden. Mit ihrem Kurs hatte die Regierung die Infektionszahlen allerdings im Sommer zunächst wieder senken können.
Seit dem Herbst sind die Zahlen aber rapide in die Höhe geschnellt. Als Reaktion auf die steigenden Neuinfektionen verhängte die Regierung Mitte November erstmals verbindliche Einschränkungen, unter anderem für Treffen in der Öffentlichkeit und den Verkauf von Alkohol.
Schweden ringt derzeit mit der zweiten Welle der Corona-Pandemie. Am Freitag registrierten die Gesundheitsbehörden 100 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus. Seit Beginn der Pandemie wurden in Schweden 7993 Corona-Tote registriert. Das Land hat 10,3 Millionen Einwohner.